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Radikal subjektiv

Radikal subjektiv

Die Kunst des Recruitments – Videos oder was Unternehmen von jugendlichen Youtubern lernen können.

Youtube ist ein Ausprobierspielplatz oder auch eine Ausprobierhölle“, sagt Florian Mundt. Der 27-Jährige muss es wissen. Er kennt die Plattform und ihre Regeln aus dem Effeff. Unter dem Namen LeFloid stellt er jede Woche zwei neue Ausgaben seiner Nachrichtensendung „LeNEWS“ auf Youtube ins Netz – mehr als 1,4 Millionen User haben sie abonniert, von denen die meisten zwischen 14 und 30 Jahre alt sein dürften. LeFloids weitere Channels auf Youtube sind ähnlich erfolgreich.

Wo sich Millionen von Menschen austauschen, sollten auch Unternehmen präsent sein. Tatsächlich wird Youtube von vielen Firmen genutzt – „in den meisten Fällen zur Reichweitensteigerung“, sagt Hans Frisch, Unitleiter Corporate Video bei der Profilwerkstatt. „Wenn es aber darum geht, ganz gezielt die Unter-20-Jährigen anzusprechen, sollte Youtube immer die erste Wahl sein.“ Speziell im Hinblick auf Recruitment-Videos ist Youtube deshalb für Unternehmen ein höchst interessanter Kanal. Wie aber funktioniert er? Nach welchen Kriterien wird dort etwas beklatscht oder verurteilt?

Beispiel „LeNEWS“: Die selbst gedrehten Clips haben mit einer klassischen Nachrichtensendung, wie sie im Fernsehen ausgestrahlt wird, kaum mehr etwas zu tun. Sie entstehen in einem unaufgeräumt wirkenden Jugendzimmer, wobei LeFloid, mit Basecap und schlotterigem T-Shirt, die News, die er für wichtig hält, in einer Sprache kommentiert, die eine ältere Generation möglicherweise als nicht jugendfrei bezeichnen würde. Die Sendung ist schnell, witzig, emotional und radikal subjektiv. Das Beispiel macht deutlich, mit welcher Art Humor sich auf Youtube punkten lässt. Firmen können von solchen Publikumslieblingen viel über den Geschmack ihrer Zielgruppe lernen. „Vor allem zeigt es, dass es den einen Geschmack nicht gibt“, so Hans Frisch. Gegenüber dem klassischen Fernsehen differenzieren sich die jugendlichen Zielgruppen auf Youtube viel stärker aus. „Unternehmen sollten daher bei Recruiting-Videos prüfen, wen genau sie ansprechen wollen, und dann schauen, welcher Youtube-Channel damit am ehesten übereinstimmt.“

 Seit drei Jahren kein Fernsehen mehr

LeFloid ist nur ein Beispiel für viele „Youtuber“ – Menschen, die eigene Youtube-Channels betreiben –, die auf dieser Plattform mit Erfolg eine eigene Community aufgebaut haben. Die Plattform ermöglicht es, zu jeder beliebigen Uhrzeit Videos abzurufen oder einzustellen. „Ich habe seit drei bis vier Jahren kein Fernsehen mehr geschaut“, sagt etwa Channel-Betreiber Ungespielt, der mit bürgerlichem Namen Simon Wiefels heißt, innerhalb von vier Wochen 90.000 Abonnenten für seinen Channel gewinnen konnte und jetzt kurz davor steht, die 500.000 zu knacken. Mit diesem Statement steht er stellvertretend für eine ganze Generation, für die es undenk­bar ist, eine bestimmte Uhrzeit abzuwarten, um eine Sendung anzusehen. Auf Youtube können sie nicht nur zu jeder Zeit Videos schauen. Die Szene, die sich dort tummelt, ist zudem so heterogen und bunt, dass jeder etwas findet, was ihn interessiert, egal ob Games, Musikvideos, Nachrichten, Modetrends, Comedy oder Dokumentation. Und mögen sich die ungeschriebenen Gesetze, die auf jedem Channel herrschen und über Erfolg und Misserfolg entscheiden, auch häufig unterscheiden – der gemeinsame Nenner lautet: Glaubwürdigkeit.

„Das ist mit Abstand das Wichtigste, was Unternehmen für ihre Recruiting-Videos ­beherzigen sollten“, so Videoexperte Frisch. „Die vielfach verspotteten Azubi-Songs zu Recruiting-Zwecken zeigen, wie sensibel die Menschen auf fehlende Authentizität reagieren.“ Dass es auch anders geht, zeigt Online-Modehändler Otto mit seinem Viral-Hit „Ein Tag Chef“. Der flapsige Humor des Videos kommt bei den Zuschauern gut an. „Da der Absender aus der Lifestyle-Branche kommt, haben die Zuschauer damit auch kein Glaubwürdigkeitsproblem. Bei einer Bank sähe das mit Sicherheit anders aus“, sagt Frisch.

Wie schmal der Grat zwischen glaubwürdig und unglaubwürdig ist, bekommen selbst etablierte Youtube-Größen zu spüren: So gilt LeFloid vielen in der Gamer-Szene schon als zu kommerziell und unau-thentisch. Auch weil er Teil des Netzwerks Mediakraft ist, eines Unternehmens, das Youtuber etwa in juristischen (urheberrechtlichen) Fragen unterstützt und im Gegenzug an den Werbeeinnahmen, die über Youtube generiert werden, beteiligt ist. Diese Gratwanderung zwischen „real“ und „false“ haben die Youtuber jeden Tag aufs Neue zu bewältigen. Denn die Kommentare der Nutzer sind gefürchtet. Wer auf Youtube sendet, müsse sich „ein dickes Fell zulegen“, rät LeFloid, weil viele Kommentatoren darauf abzielten, jemanden persönlich zu verletzen.

„Wir googeln, unsere Kinder youtuben.“Johnny Häusler Click to tweet

Wer etwas gut finde, klicke den „Like“-Button. Negative Kritik hingegen werde ausführlich gepostet. Also habe er, sagt LeFloid, die Leute explizit aufgefordert, das, was ihnen gefallen habe, zu kommentieren. Das Ergebnis waren viele positive Kommentare. Dass der Youtuber den ständigen, direkten Kontakt mit den Mitgliedern seiner Community aufrechterhält, ist von entscheidender Bedeutung. „Wer seine Zuschauer einbindet, bekommt ein anderes Verhältnis zu ­ihnen“, sagt LeFloid. Davon sind Unternehmen auf Youtube in der Regel noch weit entfernt. „Einfach weil die Kommentarkultur oft sehr ruppig ist. Dennoch bietet der direkte Austausch mit der Zielgruppe den größten Erkenntnisgewinn“, gibt Frisch zu bedenken.

Youtuben statt googeln

Trotz womöglich gewöhnungsbedürftiger Sitten ist Youtube der Kanal der Wahl für Unternehmen, die Jugendliche und Berufseinsteiger erreichen wollen. „Wir googeln, unsere Kinder youtuben“, sagt Johnny Häusler, Jahrgang 1964, spreeblick-Blogger sowie Urheber und Organisator der re:publica, einer Convention von Bloggern, Hackern und Nerds. Um auf Youtube mit Recruiting-Videos erfolgreich zu sein, sind Unternehmen gut beraten, wenn sie ­ihre jugendlichen Zielgruppen differenziert betrachten. Welche Art der Ansprache und des Humors dabei funktioniert, kann von Publikumslieblingen wie LeFloid gelernt werden. Dabei gilt es die wichtigste Regel zu beachten: glaubwürdig bleiben. Humor und Art der Darstellung müssen zum Unternehmensimage und der Branche passen. Dann klappt’s auch auf Youtube.

Virale Videoaktion von Otto: „So schnell wird man Chef“

Die virale Recruiting-Aktion richtete sich an Schüler, Studierende, Absolventen sowie Young Professionals. Die Nutzer konnten auf einer Landingpage ein perso­nalisiertes Video erstellen. In dem Video schlüpfen sie in die Rolle einer ­Chefin oder eines Chefs bei Otto und können gleichzeitig eine Stellenbewerbung ­eines Freundes in den Mülleimer werfen. Der etwas gemeine Humor kam bei der Zielgruppe gut an: Bereits in den ersten Tagen wurden über 11.000 Videos erstellt mit mehr als 150.000 Views. Die Aktion ist abgeschlossen, die Landing-Page offline.

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Aber hier noch ein Beispielvideo.

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