Print: Totgesagte leben länger

Kommen längere Texte auf Papier jetzt wieder in Mode? Die Süddeutsche Zeitung (SZ) hat mit ihrem Projekt Langstrecke für kontroverse Diskussionen in der Branche gesorgt. Vier Mal im Jahr will die SZ die besten langen Lesestücke aus der Zeitung per ebook, Taschenbuch oder Print-Magazin an Frau und Mann bringen. Ob der Plan aufgehen kann? Schließlich hieß es in den vergangenen Jahren doch immer öfter: Kürzer, schneller, komprimierter. Und schon gar nicht auf Papier. Digital soll es sein!

Print ist tot, es lebe Print!

Das Münchner Zeitungshaus könnte tatsächlich Erfolg haben mit den sogenannten Longreads. Mit einem Wahnsinns-Durchbruch für das Projekt ist zwar nicht zu rechnen, schließlich hat die SZ allein im vergangenen Jahr knapp zehn Prozent ihrer Leser verloren. Aber für einen kleinen Achtungserfolg dürfte es reichen, denn: Längere Texte, gut aufbereitet, gedruckt auf Papier, sind wieder in!

 

 

Gerade zu Hause auf dem Sofa, auf einer langen Zugfahrt oder beim entspannten Schmökern im Park sind gedruckte Publikationen oft die erste Wahl. Der Hintergrund: Der Leser widmet sich ausführlichen Texten und Hintergrundberichten gern dann, wenn er Zeit hat. Also nicht am ungemütlichen Bahnsteig oder im Gedränge der S-Bahn. Wohl aber an einem entspannten Sonntagnachmittag oder auch nach Feierabend, und das gern auch mal für mehr als eine Stunde. So hat das europäische Institut für angewandtes Kundenmanagement in einer Studie herausgefunden, dass Leser gedruckten Publikationen zwei bis drei Stunden ihrer Zeit schenken. Bei Online-Texten beträgt die Lesedauer hingegen 20 Minuten – maximal. Wer seine Botschaften in aller Tiefe an den Leser bringen möchte, sollte also auch weiterhin auf Print setzen. Dann nehmen sich die meisten Leser viel mehr Zeit, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.

Sexy muss es sein

Allerdings ist Print nicht gleich Print. Mensch liest und betrachtet nur, was ihm gefällt und ihn interessiert. Die Inhalte müssen also in journalistisch gut aufbereitete Texte, spannende Infografiken und ein wertiges Layout verpackt werden – hochwertiges Papier veredelt zusätzlich. Niemand möchte sich ausgiebig mit Bleiwüsten und drögen Bildern im Layout beschäftigen. Wenn das gedruckte Produkt so wertig und vollgepackt mit leckeren Infos  daher kommt, mutiert es gar zum Sammlerstück. Welches Erzeugnis, das per Tablet konsumiert wird, kann das schon von sich behaupten?