Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet künftig viele Unternehmen in Deutschland, digitale Barrieren abzubauen. Wir zeigen, warum es sich lohnt, sich dem Thema anzunähern und warum von digitaler Barrierefreiheit jede:r profitiert.
Der 27. Juni 2025 könnte ein schöner Sommertag werden. Wer dann draußen in der Sonne unterwegs ist und mit dem Smartphone online einen Tisch im Lieblingsrestaurant reservieren möchte, könnte auf Probleme stoßen. Denn in der Helligkeit sind die Darstellungen in Websites und Apps nicht immer gut erkennbar. Wer seinen Tisch erst am 28. Juni 2025 reserviert, der sollte – zumindest theoretisch – kein Problem mit dem guten Wetter haben. Denn an diesem Tag tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen dazu, jegliche digitale Anwendung im B2C-Bereich – also vor allem bei Onlineshops und Dienstleistungen, die man online buchen kann – möglichst barrierefrei zu gestalten.
Strategische Chance für Unternehmen
Doch was hat digitale Barrierefreiheit denn jetzt mit einer Tischreservierung an einem Sommerabend zu tun? Einiges: Denn digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Websites und Apps dann von allen Nutzer:innen unabhängig von ihren Einschränkungen und ohne fremde Hilfe bedienbar sein müssen. Und auch starkes Sonnenlicht kann eine Einschränkung sein. Was also zunächst einmal so klingt, als würden davon nur Menschen mit Behinderung profitieren, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine echte Chance für alle. Auch für Unternehmen – selbst wenn ihre digitalen Anwendungen zunächst einmal nicht unter das BFSG fallen. Nicht jede Barriere oder Einschränkung besteht durch eine dauerhafte Behinderung. Sie können auch temporär und situationsbedingt sein: Klare Strukturen, gute Kontraste und verständliche Texte helfen nicht nur Menschen mit Sehbehinderungen, sondern auch Nutzer:innen, die in einer lauten Umgebung oder bei schlechten Lichtverhältnissen surfen. Untertitel für Videos unterstützen nicht nur Gehörlose, sondern auch diejenigen, die in einer ruhigen Umgebung ohne Ton Inhalte konsumieren möchten.
Barrieren in Zahlen
Darüber hinaus können auch Menschen, die dauerhaft auf digitale Barrierefreiheit angewiesen sind, eine wichtige Zielgruppe darstellen. Denn dieser Personenkreis schließt nicht nur die knapp acht Millionen Menschen in Deutschland mit ein, die eine anerkannte Schwerbehinderung haben. Sondern auch Menschen mit leichteren Einschränkungen und Nicht-Muttersprachler:innen. Schätzungsweise 30 Prozent der Deutschen sind auf digitale Barrierefreiheit angewiesen. Sie erhöht für diese Menschen die gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion in einem Bereich, der in unserem Alltag immer wichtig wird. Denn die Digitalisierung schreitet voran, besonders im Einzelhandel. Viele Waren und Dienstleistungen sind digital einfacher und schneller zu bekommen – oder sogar nur noch dort verfügbar.
Unternehmen sollten bei der Überlegung, wie sie digitale Barrierefreiheit für sich nutzen können, auch beachten, dass nur circa ein Prozent der Schwerbehinderungen in Deutschland angeboren sind. Die meisten treten in fortgeschrittenem Alter auf. Im Zuge des demographischen Wandels bedeutet das: Mit jedem Jahr steigt der Anteil der Menschen, die von eingeschränktem Sehvermögen, nachlassendem Gehör oder eingeschränkter Motorik betroffen sind. Wer heute in Barrierefreiheit investiert, sichert sich den Zugang zu einer wachsenden Zielgruppe.
Barrierefreiheit als strategischer Vorteil
Doch welche Vorteile bietet die digitale Barrierefreiheit konkret? Unternehmen können dadurch…
… ihre Zielgruppe erweitern: Eine Website kann durch barrierefreie Maßnahmen von mehr Menschen benutzt werden – insbesondere von Gruppen, die Onlineangebote bisher nur teilweise oder überhaupt nicht nutzen konnten.
… zukunftsgewandt auftreten: Mit dem BFSG wird digitale Barrierefreiheit für viele Bereiche verpflichtend – und damit unweigerlich zum digitalen Standard.
… ihre Kundenzufriedenheit steigern: Barrierefreiheit macht digitale Anwendungen benutzerfreundlicher. Davon profitieren alle Kund:innen.
… ihre Reichweite erhöhen: Suchmaschinen belohnen Barrierefreiheit. Websites werden leichter gefunden, wenn sie benutzerfreundlich und leicht bedienbar sind.
… ihre Markenwahrnehmung verbessern: Eine Marke, die sich für mehr Barrierefreiheit einsetzt, wird als moderner und verantwortungsbewusster wahrgenommen.
Was bedeutet das in der Praxis?
Digitale Barrierefreiheit umfasst verschiedene Aspekte der Webgestaltung. Dazu gehören: Eine klare, logische Navigation und Struktur, die auch mit Tastatur oder Screenreader bedienbar ist. Textalternativen für Bilder und Grafiken, damit auch Menschen mit Sehbehinderungen die Inhalte erfassen können. Untertitel und Transkripte für audiovisuelle Inhalte. Eine verständliche Sprache und klar strukturierte Texte – wo es sinnvoll ist, als Ergänzung auch in einfacher oder leichter Sprache. Ausreichende Kontraste und anpassbare Schriftgrößen für eine bessere Lesbarkeit.
Die internationale Richtlinie WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) definiert dabei vier Grundprinzipien: Inhalte müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Je nach Erfüllungsgrad werden die Konformitätsstufen A, AA oder AAA vergeben, wobei AA häufig als angemessener Standard gilt.
Jede abgebaute Barriere zählt
Eine vollständige digitale Barrierefreiheit wird es niemals geben können. Es wird immer einen kleinen Prozentsatz an Personen geben, denen es nicht möglich ist, digitale Anwendungen zu nutzen. Deshalb heißt das deutsche Gesetz auch nicht Barrierefreiheitsgesetz, sondern eben Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Denn: Jede abgebaute Barriere sorgt dafür, dass eine weitere Personengruppe eine Website oder App ohne fremde Hilfe nutzen kann. Jede abgebaute Barriere ist ein wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe und Inklusion. Statt vor der Komplexität des Themas zurückzuschrecken, sollten Unternehmen die Umstellung vielmehr als einen fortlaufenden Prozess verstehen. Selbst kleine Änderungen können die Nutzererfahrung deutlich verbessern.
Wo fängt man an?
Um zu ermessen, welches Maß an digitaler Barrierefreiheit das richtige für die eigenen Anwendungen ist, empfehlen wir, zunächst einmal vier grundlegende Fragen zu beantworten:
- Welche Barrierefreiheitsaspekte sind für unser Unternehmen besonders wichtig?
- Wie können wir unseren digitalen Auftritt überarbeiten oder erweitern, um mehr Menschen zu erreichen?
- Welche Aspekte von digitaler Barrierefreiheit haben wir schon?
- Welche können wir innerhalb unserer Möglichkeiten umsetzen?
Besonders die Antworten auf die letzten zwei Fragen, können einen guten Einstieg in das Thema bieten. Viele Content-Management-Systeme haben Funktionen wie Alternativtexte für Bilder und Grafiken ohnehin schon integriert. Auch ein prüfender Blick auf die eigene Link- und Textstruktur kann schon einen großen Unterschied machen.
Gemeinsam Barrieren abbauen
Wer nach der ersten Bestandsaufnahme tiefer in die digitale Barrierefreiheit einsteigen möchte, den begleiten wir gerne auf dieser Reise. Wir sind davon überzeugt: Digitale Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit in einer inklusiven Gesellschaft. Sie verbessert nicht nur den Zugang für Menschen mit Einschränkungen, sondern schafft bessere digitale Erlebnisse für alle Nutzer:innen. Deshalb unterstützen wir Sie gerne dabei, Ihre digitalen Anwendungen barrierefrei zu gestalten – von der Analyse bestehender Webauftritte über die Entwicklung barrierefreier Content-Strategien bis hin zur Umsetzung konkreter Maßnahmen.
Machen Sie den ersten Schritt und vereinbaren Sie einen kurzen Termin mit uns:
Lea Pfeifer
Ist Redakteurin und überzeugt, dass gute Kommunikation niemanden ausschließen darf. Deshalb begleitet sie Sie gerne bei Ihrem Übergang zu einem barriereärmeren digitalen Auftritt.