Vom Content-Schock zum Asset Overload? Bitte nicht. Wir glauben, dass KI dem Content-Business auf die Sprünge helfen kann – wenn man sie richtig einsetzt.
Klickediklick – Klickediklack. Ratter, ratter, ratter. Das war der Klang von tausenden Tastaturen, kurz bevor im Januar 2023 alle Timelines dieser Welt mit Artikeln und Tutorials zu ChatGPT geflutet wurden. Das passiert, wenn ein Chatbot das Thema Künstliche Intelligenz aus der Theorie in die Praxis holt. Und das schlagartig für viele Menschen: Im Januar erreichte ChatGPT über 100 Millionen Nutzer. Damit ist es die am schnellsten wachsende Verbraucheranwendung aller Zeiten.
Interessant an ChatGPT und anderen Anwendungen ist dabei jedoch nicht nur der Nutzen ad hoc. Die meisten Privatpersonen nutzen ChatGPT, um Fragen zu beantworten, Übersetzungen durchzuführen und Informationen zu suchen.
Spannend ist, welche Auswirkungen die Anwendungen kurz‑, mittel- und langfristig auf unsere Lebensbereiche wie Schule und Universitäten sowie die Arbeit hat. Dazu gehört im besonderen Maße das Kommunikations-Business und dessen Berufe.
Generative KI – ein „wake up call” für die Kommunikationsbranche?
Das Thema wird in der Kommunikationsbranche heiß geliebt und zugleich argwöhnisch beäugt. Denn die Implikationen für die tägliche Arbeit durch generative KI – könn(t)en – fundamental sein. Dabei schwankt die Bandbreite derzeit von einfachen Textaufgaben bis hin zum Blogartikel auf Knopfdruck. Da sieht manche:r in Zukunft die Relevanz der eigenen Produktionsmittel infrage gestellt.
Werden Content- und Mediabusiness jetzt durchgerüttelt? Auf jeden Fall. Die Hürden, publikationsfähige Inhalte zu erstellen, sind wieder einmal gesunken.
Die technische Singularität lässt auf sich warten
Doch die Zweifel, dass es mit der maschinellen Inhaltserstellung so reibungslos läuft, sind mehr als berechtigt. Hochwertige Publizistik auf Speed wird so nicht funktionieren. Generative KIs wie ChatGPT verstehen den Output nicht, den sie generieren. Genauso wenig, wie sie die Bedeutung von dem verstehen, was wir so in unsere Prompts tippen. Das Intelligente an ihnen ist die Fähigkeit, in Fragmente zerlegte Sprache mithilfe statistischer Berechnungen so zusammenzusetzen, dass sie dem Prompt möglichst nahekommt und wir zufrieden mit dem Ergebnis sind. Semantik und Statistik. Sophisticated, yes, aber am Ende halt 1 und 0.
Das wird besonders dann deutlich, wenn wir Inhalte und Ideen haben wollen, die besonders sind. Oder über die bisher niemand berichtet oder gesprochen hat. Dinge, die uns etwas Neues erzählen, einen neuen oder anderen Blick auf die Welt ermöglichen. In einem öffentlichen Feldversuch konnte das US-Technikmagazin CNET bereits (unfreiwillig?) zeigen, dass wir den Inhalten, die die generativen Modelle erstellen, nicht ohne Weiteres trauen können.
Der dänische Media-Analyst Thomas Baekdal zog hierzu bereits im Januar ein eher verhaltenes Fazit: Wer wirklich professionelle Inhalte erstellt, mit Menschen spricht, recherchiert und versucht eine faktisch-stringente Erzählung aufzubauen, – kann die Texte von ChatGPT & Co. eigentlich nicht nutzen.
Die Rechnung „Ab jetzt gibt’s den ganzen guten Content kostenfrei und für immer auf Knopfdruck“ geht also nicht auf. Eingeschränkte Datenbasis, erfundene Zitate und Zitategeber:innen, fehlende Quellenangaben. Eine generative KI kann Stand 2023 nicht verifizieren, ob ihr Output sich mit unserer Realität deckt. ChatGPT & Co. sind ausgeklügelte „Mixer“. Und am Ende bleibt die große Gefahr des Plagiats.
Generative KI kann ein hervorragendes Werkzeug werden – wenn wir sie überlegt einsetzen
Das soll aber nicht heißen, dass es keine sinnvollen und begründbaren Einsatzmöglichkeiten für generative KI-Tools gibt – es braucht nur entsprechende Rahmenbedingungen. In Zukunft werden wir in der Inhaltserstellung möglicherweise eine viel stärkere Dichotomie sehen: anspruchs- oder aufmerksamkeitsarme, auch repetitive Aufgaben, die die KI abdeckt, auf der einen Seite. Und von Menschen erdachte und erstellte Inhalte mit einem besonderen Anspruch an Kreativität, Qualität und Unterscheidbarkeit auf der anderen Seite.
Dabei kann ChatGPT schon heute wertvolle Dienste leisten, wenn es um die Unterstützung von Redaktion & Co. geht:
- Unterstützen bei der Recherche
- Unterstützen bei der Ideenfindung (Versierter Umgang im „Prompten“ hilft!)
- Varianten für Headlines oder Teaser generieren
- Hilfe beim Finden von Synonymen oder Reimen
Fleißaufgaben innerhalb eines Recherche- oder Kreativprozesses können KI-Tools also vereinfachen oder angenehmer machen. Kreative können auf dem Output der generativen KI aufsetzen und ihre Arbeiten verfeinern; sie in technologieverliebter Manier mithilfe der künstlichen Intelligenz vielleicht sogar noch besser auf den Punkt bringen.
Bis das richtig gut funktioniert, wird es aber noch einiges an Ausprobieren aufseiten der Content-Kreator:innen (und vielleicht das eine oder andere Update an den KI-Tools) brauchen. Ob Workflows in Redaktion und Marketing sich tatsächlich verschlanken oder verbessern lassen, wird außerdem maßgeblich von den Prozessen und Rahmenbedingungen der jeweiligen Geschäftszweige und Branchen abhängen.
Content Creation mit der KI als neue Form des künstlerischen Ausdrucks?
Egal wie wir ChatGPT, Bard & Co. auf der Kommunikationsseite gegenüberstehen, entziehen können wir uns der Wirkung nicht. Und auch in weiten Teilen anderer Gesellschaftsbereiche liegen Potenzial („KI programmiert“) und Risiken („KI macht Hausarbeiten obsolet“) offen, manchmal nah beieinander.
Ebenfalls bleibt die Entwicklung der Tools selbst spannend zu beobachten. Was wird die für März 2023 angekündigte 4.0‑Version von ChatGPT für Veränderungen mit sich bringen? In welchem Rahmen können verbesserte Filter und Trainings den Output der generativen Tools verbessern?
Wie sich auch die KI künftig entwickelt, es lassen sich gute Argumente für einen positiven Ausblick finden: dass a) KI das Content-Business bereichern kann und b) exklusive hochwertige Arbeiten wichtiger werden – und auch mehr Erfüllung in der Erstellung bieten, als den zehntausendsten Shop-Text für die Herbsttrends 2023 zu verfassen.
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