„Für kreativen Content braucht es den Menschen“

Alexander Bräuer beschäftigt sich als Senior Consultant mit den strategischen Fragen, Nora Kerscher als Senior Art Direktorin mit dem Themenfeld Design und David Frogier de Ponlevoy als Head und Senior Redakteur mit den inhaltlichen Fragen der Texterstellung.

Reden wir über den Elefanten im Raum: Macht Künstliche Intelligenz bald Agenturen überflüssig?

David Frogier de Ponlevoy: Wir tendieren bei Debatten über Künstliche Intelligenz oft dazu, entweder Angst zu haben oder uns über die Unzulänglichkeiten der KI lustig machen zu wollen. Weil Menschen sich versichern möchten, dass wir einzigartig sind. Die Gefahr bei solch emotionalen Reaktionen ist, dass wir die wirklichen Chancen übersehen.

Nora Kerscher: Wir werden jedenfalls nicht arbeitslos werden. Aber unsere Arbeitsweise wird sich langfristig ändern.

Dann anders gefragt: Erledigt KI bald alle Aufgaben, und Agentur-Mitarbeitende geben nur noch die Richtung vor?

Kerscher: Nein, weil KI auf absehbare Zeit bestimmte Aufgaben nicht übernehmen kann. Künstliche Intelligenz kann keine Foto-Shootings machen. Aber sie kann uns dabei helfen, solche Shootings besser vorzubereiten: Wir können noch präziser Bildstile und Moods generieren.

Alexander Bräuer: Aus dem Grund sehe ich zunächst die Chance auf Produktivitätssteigerung. KI und die damit verbundenen neuen Werkzeuge werden uns helfen, schneller und besser zu recherchieren.

Ihr plädiert also dafür, beim Thema KI auf konkrete Einsatzbereiche zu schauen?

Frogier de Ponlevoy: Unbedingt! Es wird für die Zukunft darauf ankommen, ob Agenturen sich möglichst schnell mit konkreten Möglichkeiten befassen. Und nicht alles, was auf den ersten Blick sinnvoll scheint, ist es in der Praxis dann.

Zum Beispiel?

Frogier de Ponlevoy: KI mag mir irgendwann helfen, Erklärtexte und Infoboxen zu schreiben, aber aktuell bauen alle Modelle inhaltliche Fehler ein. Der anschließende Korrekturaufwand lohnt sich da noch nicht. Umgekehrt bin ich angetan, wie gut die KI Partner bei Brainstorming sein kann.

Bräuer: KI und menschliche Intelligenz ergänzen sich.

Alexander Bräuer (Director Content Development), Nora Kerscher (Senior Art Direktorin) und David Frogier de Ponlevoy (Head und Senior Redakteur)

Bestimmte Arbeitsschritte werden sich aber künftig ändern?

Kerscher: Klar, sicherlich auch radikal. Möglicherweise werden wir irgendwann keine Stockbilder mehr nutzen, weil wir das gewünschte Bild von der KI generieren lassen. Da hat KI in den vergangenen Monaten wirklich beeindruckende Fortschritte gemacht und ich bin gespannt, wo das noch hinführt. Wobei wir da noch nicht über das große Feld Datenschutz gesprochen haben.

Bräuer: Das wird ganz entscheidend werden, aus mehrfacher Perspektive. Was die KI aktuell leistet, kann sie nur, weil sie auf Arbeitsleistungen vieler Kreativer zugreift – oft, ohne dass einzelne dafür gefragt oder gar entlohnt werden. Zusätzlich stellt sich auch die Frage, ob Unternehmen mit ihren privaten Informationen die KI füttern wollen, speziell im Bereich interner Kommunikation. Umso wichtiger, dass wir uns als Agentur früh Gedanken machen.

Was die KI nicht an Informationen hat, kann sie auch nicht verarbeiten…

Bräuer: Richtig, und deswegen werden insbesondere auch künftig persönliche Geschichten, neue Interviews oder unternehmensinterne Vorgänge nicht von einer KI generiert werden können. Es gilt nach wie vor: Für hochwertigen und kreativen Content braucht es den Menschen.

Frogier de Ponlevoy: Insbesondere in unserer Welt als Agentur ist das ein ganz entscheidender Punkt. Häufig greifen Kunden ja auf uns zurück, weil sie etwas Neues erzählen möchten. Bei all dem kann KI künftig sicherlich unterstützen, aber die kreative und konzeptionelle Entscheidung muss von uns kommen.

Entscheidend ist also, die Zusammenarbeit mit KI zu lernen?

Kerscher: Auf jeden Fall. Wir sollten keine Angst vor KI haben, sondern sie als neues Werkzeug sehen. Ohne Input kann die KI nichts liefern. Je phantasievoller unser Geist ist, desto besser wird das Ergebnis sein.

Frogier de Ponlevoy: Und je intensiver wir uns als Profilwerkstatt mit den neuen Möglichkeiten beschäftigen, je mehr wir ausloten, was die Perspektiven und Grenzen der einzelnen Tools sind, desto besser werden wir sie nutzen können und Mehrwert für unsere Kunden schaffen.

Bräuer: Wir beobachten ja einen unglaublichen Boom an neuen KI-Programmen, egal ob es um Text, Bild, Audio oder Video geht. Da sprechen wir schon jetzt von über 100 KI-Anwendungen. Es wird sich, wie bei anderen Märkten, ein kleiner Teil durchsetzen. Microsoft, Google und Adobe bestimmen bereits die Entwicklung am Markt. Unser Anspruch sollte sein, das aktiv zu begleiten und zu beobachten.

Ihr seid startklar für das KI-Zeitalter?

Kerscher: Ich freue mich auf die Möglichkeiten und die Inspiration.

Frogier de Ponlevoy: Ich gehe davon aus, dass sich da noch ganz viel entwickeln wird, und ich möchte das alles auf jeden Fall ganz nah begleiten. Also gar kein Elefant im Raum. Eher der Blick auf einen bunten, wachsenden, tropischen Urwald.

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