Chancen von KI in der (Finanz-) Kommunikation

Die Möglichkeiten, künstliche Intelligenz (KI) einzusetzen, werden immer vielfältiger – auch in der Kommunikationsbranche. So ist die Technologie etwa nach Angaben des Manager Magazins schon seit einiger Zeit in der Lage, die Vorworte von Geschäftsberichten zu analysieren und zu bewerten. Die Zeitschrift berichtet unter Berufung auf eine Untersuchung der HHL Leipzig Graduate School of Management, Kirchhoff Consult und PRECIRE Technologies: Eine KI-Anwendung bewertete die meisten Vorworte von Geschäftsberichten der 30 Dax-Unternehmen aus den Jahren 2015 bis 2017 als „aggressiv und impulsiv“, aber kaum als innovativ. 

Der Ton macht die Musik 
Eine solche Einordnung könne Investor:innen Anhaltspunkte für Anlageentscheidungen liefern. Die Studie kommt zu dem Ergebnis: Ist die Sprache in einem Vorwort besonders kompetitiv und aggressiv, sind sich Analyst:innen bei der Bewertung der jeweiligen Aktie häufig uneinig. Sind die Vorwörter inspirierend formuliert, herrsche aber „weitgehende Einigkeit“. Für Kommunikationsverantwortliche bedeutet dies: Sie können steuern, wie ihr Unternehmen von Analyst:innen wahrgenommen wird. Das Manager Magazin fasst die Möglichkeiten dafür wie folgt zusammen: 

„Wenn einem Unternehmen an einheitlichen Analystenprognosen gelegen ist – und das dürfte meistens der Fall sein -, sollten sich Kommunikationsverantwortliche um eine fesselnde, beeindruckende und motivierende Sprache bemühen. Strebt ein Unternehmen hingegen eine möglichst hohe Prognose eines einzelnen Analysten an, darf das Vorstandsvorwort gerne Ungeduld und eine Portion Aggressivität ausstrahlen.“ 

Hemmschwelle beim Einsatz der Technologie 
Viele sehen in künstlicher Intelligenz  großes Potenzial: Dass die Technologie Routinearbeiten vereinfachen kann, glauben 45 Prozent der Teilnehmer:innen einer Umfrage unter 500 Erwerbstätigen in Marketing, Kommunikation und Medien, die das Berliner Start-Up Civey zum Jahresbeginn 2023 im Auftrag der Fachmesse DMEXCO für digitales Marketing und Werbung durchgeführt hat. 

Doch noch scheint die Hemmschwelle für den tatsächlichen Einsatz hoch zu sein. Nur elf Prozent der Befragten sehen Einsatzmöglichkeiten in der Content-Produktion, 12 Prozent in der SEO-Optimierung und 10 Prozent im Service- und Kundendialog. Dem gegenüber stehen 16 Prozent mit einer abwartenden Haltung und 32 Prozent, die überhaupt keinen Bedarf für KI sehen. 

Doch nicht nur die Kommunikationsbranche hält sich beim Einsatz künstlicher Intelligenz derzeit noch zurück. Im Jahr 2022 hat der Digitalverband Bitkom 606 Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten zum Thema KI befragt – mit ernüchterndem Ergebnis.

65 Prozent der deutschen Unternehmen sehen KI als Chance – nur 9 Prozent setzen sie ein.

– Studie i.A. von Bitkom, 2022.

Bankenkommunikation erleichtern 
Ein Beispiel für das Potenzial von künstlicher Intelligenz ist die Kommunikation zwischen Banken und ihren Kund:innen. Trotz der Vielzahl digitaler Kanäle findet diese noch immer häufig in Papierform statt. Die Nachteile liegen auf der Hand: Hohe Kosten für Druck und Porto sowie hohe Aufwände bei der Erstellung. Doch eine Umstellung würde für Banken einen enormen Aufwand darstellen:  Meist ist das bestehende Portfolio an unterschiedlichen Kund:innenanschreiben über Jahre gewachsen und daher enorm umfangreich. Daher müssen zunächst unzählige verschiedene Varianten auf inhaltliche Überschneidungen hin überprüft werden. 

Laut Angaben der Internetseite bankinghub.de kann künstliche Intelligenz auch dabei unterstützen. Denn KI-basierte Analysen seien in der Lage, eben solche Redundanzen zu entdecken und so Möglichkeiten zur Zusammenlegung aufzuzeigen. Darüber hinaus könne eine KI auch regulatorische Aspekte überprüfen und Optimierungspotenzial hinsichtlich der Verwendung von Fachbegriffen oder der Kundenansprache aufdecken. Auf diese Weise könnten laut bankinghub.de in der Regel bis zu 25 Prozent des bestehenden Sortiments an Kund:innenanschreiben wegfallen – das wäre, sofern zutreffend, ein enormer Fortschritt bei Wirtschaftlichkeit und Effizienz. 

„Predictive PR“: Kristallkugel an! 
In vielen Bereichen der Kommunikations- und Marketingbranche sind kurze Reaktionszeiten ein entscheidender Faktor. Gute wie schlechte Nachrichten wollen schnell weitergegeben werden – an Kund:innen, aber auch an Mitarbeiter:innen oder Partnerunternehmen. Das Unternehmen HBI Communication meint:

„In der Ära der intelligenten Maschinen reicht es […] nicht mehr aus, nur auf das zu reagieren, was bereits geschehen ist“.

– HBI Communication

Die Lösung: „Predictive PR“ – also eine Kristallkugel für die Öffentlichkeitsarbeit.  KI-Anwendungen könnten neben „Umsatz- und Verkaufszahlen oder rückblickende[n] Marketingstatistiken“ inzwischen auch Daten aus Social-Media-Posts, Online-Artikeln und anderen Quellen nutzen. Dies ermögliche es nicht nur, Inhalte zielgruppengerecht zu kommunizieren. Es erlaube auch, „auf Basis historischer Daten die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Ergebnisse zu berechnen“.  

Unternehmen hätten so etwa die Möglichkeit, ihre Kommunikationsstrategie auf Basis von Daten aus früheren Kampagnen zu überarbeiten – und zu berechnen, welche Themen für Ihre Zielgruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit relevant werden dürften. Der Haken: Aktuell seien Unternehmen bei der Nutzung solcher Anwendungen noch darauf angewiesen, Expert:innen zu beschäftigen, „die mit den analysierten Daten umzugehen wissen“. 

KI im Kundenservice 
Laut dem Handelsblatt ist die Nutzung von künstlicher Intelligenz im Kundenservice inzwischen „elementar“. Die Gründe dafür sind vielfältig. Darunter sind etwa veränderte Anforderungen aufgrund der Coronapandemie. Digitalisierung und Automatisierung seien wichtiger geworden, und die starke Zunahme der Kund:innenanfragen ließe sich durch die Verwendung von KI-Chatbots gut abfangen.  

Hinzu kämen gestiegene Anforderungen. „Unternehmen können sich einen schlechten, digitalen Service sowie eine nicht optimale User Experience kaum mehr leisten“, heißt es in dem Online-Artikel. Die Kommunikation per Chat sei bei vielen Kund:innen inzwischen ebenso Standard wie die Erwartung, schnell eine Antwort zu erhalten. 

Kund:innenkontakte skalieren 
In diesem Umfeld kann künstliche Intelligenz eine Reihe von Vorteilen bieten. Das Handelsblatt listet neben einer höheren Kund:innenzufriedenheit auch die Skalierbarkeit des Kund:innenservice. Ein KI-Chatbot könne problemlos „tausende Nachrichten gleichzeitig beantworten“ – ohne dass dadurch Mehrkosten entstünden oder die Mitarbeiter:innen im Service belastet würden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Reaktionszeit eines KI-Chatbots sei deutlich höher als die menschlicher Service-Mitarbeiter:innen – und das bei gleichbleibender Qualität. 

Das E-Commerce Institut Köln geht sogar noch weiter: Durch die Verknüpfung der KI mit Customer-Relationship-Management-Systemen oder Logistiksoftware ließen sich die Antworten solcher Chatbots sogar individualisieren. Anfragenden steht damit rund um die Uhr ein auf sie zugeschnittener Service zur Verfügung – ein großer Vorteil im Wettkampf um das Kund:innenvertrauen.  

Dass die personalisierte Kommunikation ein vielversprechendes Einsatzgebiet für künstliche Intelligenz ist, zeigen auch die Ergebnisse der Studie „Chatbots, Automatisierung und vorausschauendes Marketing“ des Dienstleisters PwC aus dem Jahr 2020. Für die im Studientitel genannten Einsatzgebiete nutzten 55 Prozent der Teilnehmer:innen schon jetzt künstliche Intelligenz. Befragt wurden dabei aber lediglich 151 Führungskräfte von Banken, Versicherungen und Fin-Tech-Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – ein vergleichsweise kleiner Teilnehmer:innenkreis.  

Chancen in der Kommunikation 
Für pr-journal.de haben die Autorinnen Nadja Amireh und Patricia Rips eine Kleinserie von Artikeln zum Einsatz von künstlicher Intelligenz in Marketing und Unternehmenskommunikation verfasst. Sie listen darin auch die Vorteile und Risiken der Technologie in diesem Kontext auf. So könne KI etwa bei der Erstellung personalisierter Kommunikationsstrategien behilflich sein. Dazu könnten entsprechende Tools Kund:innendaten und Verhaltensmuster analysieren. Der Vorteil: Die Kommunikation wird relevanter für die Zielgruppe – und sorgt so für eine stärkere Kund:innenbindung. Dazu trügen auch KI-Chatbots bei, indem sie rund um die Uhr Fragen beantworteten. 

Zwei weitere wichtige Punkte, bei denen KI-Anwendungen unterstützen könnten, seien die Analyse großer Datenmengen und die Erstellung von Kommunikationsinhalten: „Mit Textgeneratoren, Bildbearbeitungstools und Automatisierungsplattformen können auf Basis von Algorithmen Artikel, Produktbeschreibungen, Social-Media-Postings und vieles mehr erstellt werden“ – auch mehrsprachig.  

Gerade das Thema Datenschutz sei aktuell noch ein Risikofaktor, so Amireh und Rips. Dieser könne aber durch entsprechende Datenschutzrichtlinien sowie eine transparente Kommunikation gegenüber Kund:innen minimiert werden. Letzteres gelte auch im Umgang mit der Belegschaft: „Unternehmen sollten aktiv auf die Bedenken und Vorbehalte der Mitarbeiter und Kunden eingehen und transparent kommunizieren“. Es sei aber grundsätzlich notwendig, die Arbeit der KI gründlich zu überwachen, um mögliche Fehler rechtzeitig zu erkennen und zu beheben. 

Fazit 
KI-Anwendungen können Kommunikationsschaffende in verschiedensten Bereichen unterstützen. Dabei hilft zunächst die Fähigkeit der KI, große Datenmengen auszuwerten und daraus Content zu erstellen. Dies erlaubt eine zielgerichtete und auf die Bedürfnisse der Kund:innen zugeschnittene Kommunikation – sei es im Großen über Pressetexte und Social-Media-Posts oder im kleinen über Chatbots.  

Kund:innen sind mehr und mehr an einen einfach zugänglichen Rund-um-die-Uhr-Service gewöhnt. Diesen kann KI bieten, ohne dass die vorhandene Belegschaft dadurch überlastet wird. Das erhöht die Kund:innenzufriedenheit und sorgt für gute Beziehungen. Für Kommunikator:innen bietet die KI einen weiteren Vorteil: Sie kann dabei helfen, Sprache zu nutzen, um potenzielle Investor:innen zu lenken.