Gemeinsam seid ihr besser!

Eigentlich läuft es ja so: Wer sich Gäste zum Abendessen einlädt, der überlegt zuerst, was er kochen möchte. Dann sucht er die entsprechenden Rezepte raus, kauft die Zutaten ein, kocht und isst – mit seinen Gästen zusammen, versteht sich. Ende der Geschichte. Eigentlich schade! Die Entstehungsgeschichte des Menüs und spontane Experimente kommen so nicht auf den Tisch und wer weiß, was passiert wäre, hätten die Gäste schon mitgekocht? Wahrscheinlich wäre die Tafel hinterher bunter und der Spaßfaktor größer gewesen, als wenn einer allein schnippelt und brutzelt. Und was sich erst ergeben hätte, wären spontane Verbesserungsideen direkt mit in den Kochtopf gewandert!

Was man beim Kochen für Freunde anders machen kann, lässt sich auch auf Kommunikation übertragen. Die Journalisten haben das schon lange für sich entdeckt und nennen es – zugegebenermaßen wenig sexy – Prozessjournalismus. Ganz gleich aber ob der Begriff nun attraktiv ist oder nicht: Prozessjournalismus macht Schule. Mittlerweile auch im Marketing und der Unternehmenskommunikation. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Während Zeitungen, Magazine und andere Publikationen nach alter Lesart als fertige, abgeschlossene Produkte betrachtet werden, gelten nach neuer Leseart schon die einzelnen Schritte dorthin als veröffentlichungswürdig. Zudem wird das Thema gänzlich kanalunabhängig gedacht und erst dann auf die einzelnen Medien heruntergebrochen. Dieses Vorgehen bindet die Leser stärker in die Geschichte ein, erhöht die Akzeptanz, hält die Spannung hoch und fördert Multimedialität.

Alte Strukturen aufbrechen und besser werden

Ein ganz einfaches Beispiel, wie das in der Unternehmenskommunikation aussehen könnte: Die Firma wird 150 Jahre alt. Früher hätte einer recherchiert, Bilder gesammelt, geschrieben und dann eine Doppelseite in der Mitarbeiterzeitung veröffentlicht.  Ende der Story. Ganz anders sieht der Prozess aus, wenn das Redaktionsteam via geeigneter Tools einen Themenaufruf quer durchs Unternehmen startet: „Schicke uns dein schönstes Erlebnis in unserem Unternehmen!“ (ehemalige Mitarbeiter, die schon in Rente sind, nicht vergessen). Parallel recherchiert das Team, dreht Ideen weiter, veröffentlicht eventuell Schnipsel schon einmal auf dem Blog oder im Intranet und legt erst dann die Kanäle für das große Thema fest: Im Print eine Reportage, als Video eine Umfrage, in der App ein interaktiver Streifzug durch die Firmengeschichte, ein Live-Blog von den Feierlichkeiten und, und, und. Das Beste daran: Auf diese Weise finden sich im Themenpool auch Aspekte, die etwa in der externen Kommunikation auch genutzt werden können. Je nach Zielgruppe und Kanal müssen diese nur unterschiedlich aufbereitet werden. Damit sind die Zeiten der doppelten Themenbearbeitung in unterschiedlichen Abteilungen passé, die Inhalte können besser miteinander vernetzt werden und letztlich wird weniger Arbeit in interne Abstimmungsschleifen denn in strategische Weiterentwicklungen investiert.

Prozessjournalismus  erfordert in Unternehmen also vor allem das Aufbrechen alter redaktioneller Strukturen und eine bereichsübergreifende  Zusammenarbeit. Das mag ungewohnt und nicht immer leicht sein,  kann sich aber lohnen. Das ist ähnlich wie beim Kochabend – viele Köche müssen nicht den Brei verderben. Sind sie gut organisiert wird das Ergebnis sogar besser. Zum Vergnügen aller Beteiligten.