I have a stream!

Wie surfen Sie eigentlich im Internet? Browser auf, komplette URL-Adresse vom „www“ bis zum „.de“ händisch in die Adresszeile eintippen? – Hand aufs Herz: Wann haben Sie das zum letzten Mal freiwillig gemacht? Wahrscheinlich ist es länger her. Vor Google & Co indes war dieser Weg normal – heute kaum noch vorzustellen. Wer heute etwas sucht, öffnet meistens einfach die Suchmaschine der Wahl, tippt ein paar Schlagworte ein. Und schon beginnt die Reise durchs Netz auf der Suche nach relevanten Inhalten und den passenden Antworten. Doch die Art, wie sich Nutzer durch das Internet bewegen, könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Der Grund: Inhalte kommen immer häufiger direkt zu den Usern – und zwar ganz ohne Suche. Willkommen in der Welt der Streams.

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Streamen bedeutet, Inhalte werden auf Internetseiten durch internes Verlinken so gesetzt, dass der Nutzer direkt auf diese stößt und einfach nur weiterklicken muss. Spart doch Zeit und Denkkraft, wenn ein Anbieter genau weiß was ich in diesem Moment gerade sehen oder hören möchte, oder?
Der Anbieter selbst ist dabei zweitrangig und die Suche immer weniger zielgerichtet und trotzdem erhält der Nutzer eben genau das was ihn interessiert. Beispielsweise Facebook verfolgt diese Strategie mit dem Newsfeed, der jedem einzelnen Nutzer individuell aufbereitet wird. Ein Algorithmus filtert hier was das Zeug hält und spuckt nur das aus, was der User (vermeintlich) sehen will. Dann heißt es oft einfach nur noch: durchscrollen und sich von einem Artikel zum nächsten klicken, ohne großen Wert auf die Plattformen zu legen, auf denen die Inhalte stehen.PW final
Informationsbeschaffung funktioniert damit zunehmend über soziale Netzwerke, anstatt über die konkrete Suche. Das ergab auch eine Studie des Reuters Institute, die eine solche Verschiebung von Search zu Social vor allem bei den jüngeren Nutzern feststellte. Demnach läuft bei den 16 bis 24-Jährigen schon 43 Prozent über die Netzwerke und nur 25 Prozent über die Suche. Aber nicht nur Soziale Netzwerke setzen auf Streams. Auch der Film- und Serien-Anbieter Netflix oder die Musikbibliothek von Spotify – und viele andere mehr – funktionieren nach diesem erfolgreichen Prinzip.

Aber warum das Ganze?

Damit die User auf der Plattform bleiben! Durch ihre schlauen Algorithmen schaffen es Plattformen, dem Nutzer je nach Bedarf immer neue Angebote auszuspucken und erschweren ihm somit den Wechsel zu einem anderen Anbieter. Amazons „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch …“ ist dafür ein Paradebeispiel. Logische Konsequenz könnte also sein: Durch die Zunahme an Streams, nimmt die Suchmaschinennutzung immer mehr ab. Und tatsächlich ist In Statistiken des Anbieters „Statista“ ersichtlich, dass in 2014 die Suchmaschinenanfragen erstmals wieder abgenommen haben, vor allem Google ist von einem Rückgang betroffen. Könnte Streaming also zur echten Konkurrenz für Suchmaschinen werden? Die Antwort ist ein klares Ja. Die Informationsbeschaffung über Streams und damit die zunehmende Irrelevanz von gezielter Suche wird ein Thema der kommenden Jahre sein. Wer diesen Trend in die Konzeption seiner Webseite einbringt, könnte also Leserzuwachs generieren – auch hier gilt: Wer seine Zielgruppe am besten kennt, wird am Ende die Nutzer im Stream halten und somit die Lorbeeren ernten. Warum soll ich etwas suchen, wenn ich es schon direkt vor meinen Augen habe: I have a stream!