Facebook vs. Google+?

Lassen sich beide Netzwerke überhaupt vergleichen? Und ist die Frage nach dem Netzwerk wirklich die wichtigste? Äpfel mit Birnen zu vergleichen ist Banane. Doch versuchen wir es trotzdem. Facebook und Google+ sind soziale Netzwerke. Beide bieten Möglichkeiten, Inhalte zu teilen, zu bewerten und mit ihnen und anderen Nutzern zu interagieren. Beide bieten Chancen für die Online-Kommunikation von Unternehmen. Der erste große Unterschied zwischen Facebook und Google+: Facebook ist eine Firma, Google+ einer von etlichen Google-Diensten. Natürlich ging Google mit seinem sozialen Netzwerk an den Start um Facebook ernsthaft Konkurrenz zu machen – es eventuell sogar zu überholen. Doch Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens Google hängen nicht zu hundert Prozent an seinem Netzwerk.

Facebook vs. Google+ – Social Search

Google+ wurde entwickelt um die Google-Suche sozialer zu machen, Facebook um Menschen miteinander zu verbinden. Facebook ist organisch gewachsen, Google+ wurde von langer Hand geplant. Denn Google hat sich ein soziales Netzwerk geschaffen – auch um die restlichen Dienste um die soziale Komponente zu ergänzen und sie miteinander zu verknüpfen. Google kann mit Nutzerdaten aus Google+ die Suche für den Nutzer noch effektiver machen und eventuell ist das der eigentliche Gedanke hinter dem Google-Netzwerk: „Search, Plus Your World“. Facebook startete ins Jahr 2013 mit dem Graph Search, einer verbesserten internen Suche. Aber eben nur einer internen. Denn auch die inbegriffene Kooperation mit der Suchmaschine Bing für die Websuche dient in erster Linie den amerikanischen Nutzern.

Facebook vs. Google+ – SEO

Google+ hat einen Vorteil, der es gerade für Unternehmen interessant macht: Erfolgreiche Beiträge bei Google+ wirken sich positiv auf die Platzierung bei den Google-Suchergebnissen aus. Unter SEO-Gesichtspunkten wiegt diese Tatsache schwer, denn Facebook ist ein geschlossenes Netzwerk. Was dort geteilt oder geliked wird, bleibt auch dort und ist für Suchmaschinen nicht auffindbar. Für Unternehmen, die sich in einem bestimmten Bereich als Experten positionieren wollen und ihre Inhalte langfristig für Google interessant machen wollen, ist eher Google+ die richtige Plattform. Crosspostings – also identische Inhalte auf Facebook und Google+ zu veröffentlichen – sind weniger sinnvoll. Ein Post ohne Interaktion bei Google+ bewirkt unter SEO-Aspekten rein gar nichts. Fans oder Follower sind eher genervt, wenn sie merken, dass sich ein Unternehmen keine Mühe gibt, seine Inhalte an ihre Nutzergewohnheiten im Netzwerk anzupassen.

Facebook vs. Google+ – Mitglieder und Aktivität

Doch gerade diese Aktivität ist auf Google+ nicht einfach zu erreichen. Den Vorteil hat hier Facebook. Auch wenn Google+ in der Vergangenheit rasant gewachsen ist, liegt es in der Aktivitätsrate weit hinter Facebook: Von 2,5 Milliarden Internetnutzern sind 51 Prozent auf Facebook aktiv. Bei Google+ sind es nur 26 Prozent. Dieser Unterschied ist gravierend. Noch deutlicher wird die Diskrepanz bei den absoluten Zahlen von Shares, Likes und PlusOnes. Searchmetrics  untersuchte diese in Deutschland für den Monat Dezember 2012: Bei Facebook wurde 32,5 Milliarden Mal der Button Share oder Like geklickt. Im selben Zeitraum gab es bei Google+ nur rund 400 Millionen PlusOnes. Der Abstand dieser Zahlen hat sich auch im letzten Jahr nicht deutlich verkleinert.

Die größte Herausforderung, für Google+ ist die Aktivität seiner Nutzer. Google ist mit verschiedenen Maßnahmen auf dem besten Weg die Nutzer zu mobilisieren und seine Dienste sinnvoll zu verknüpfen. Ein Kommentar auf YouTube ist beispielsweise nur noch mit Google+-Account möglich. Damit werden neue Inhalte generiert, denn jeder Kommentar kann im Profil erscheinen und mit bestimmten Kreisen geteilt werden. Für die Aktivierung bisher inaktiver Nutzer setzt Google damit am richtigen Punkt an, denn eine ganze Generation wendet sich vom Fernsehen ab und YouTube zu. Aktuell ist jedoch oft der Fall: Ein Unternehmen, das seine Kommunikationsstrategie vor allem auf große Reichweite und viel Interaktion auslegt, ist bei Facebook besser aufgehoben.

Zuerst: Was und mit wem? Danach: Wo?

Doch wie so oft ist alles eine Frage der Strategie. Nur wenn entscheidende Fragen geklärt sind, kann ein Unternehmen den passenden Kanal für das jeweilige Ziel bestimmen. Dabei ist die Frage nach dem Kommunikationsort im ersten Moment zweitrangig. Der Ort richtet sich danach, wo die gewünschte Zielgruppe über die vom Unternehmen fokussierten Themen spricht. Und der Weg zu dieser Erkenntnis ist oft ein mühsamer. „Was will ich erreichen?“ ist der zentrale Gedanke. Ein kleiner Tipp: Die Antwort „Ich will auf Facebook sein, weil meine Wettbewerber auch auf Facebook sind“ gilt leider nicht. Ziele sollten SMART sein, das bedeutet: specific, messurable, achievable, realistic, timely.

Ein mögliches Unternehmensziel wäre beispielsweise: „Mein Unternehmen erweitert seine Employer Branding Strategie auf das Social Web und bekommt für das Ausbildungsjahr 2014 zwanzig qualifizierte Bewerbungen für offene Ausbildungsplätze.“ Daraus erschließt sich die Zielgruppe: Schüler aus dem gewünschten Bereich. Interessant wäre nun die Frage, wo ein Unternehmen passende Auszubildende findet. Wo halten sie sich im Social Web auf? Welche Kanäle nutzen sie, um sich über mögliche Karrierewege zu informieren? Werden sie eventuell von Freunden und Familie beeinflusst? Wo erreicht man sie? Und passt mein Unternehmen dorthin? Erst dann sollte ein Unternehmen über einen passenden Kommunikationskanal nachdenken. Und ob das Google+, Facebook, Twitter oder eventuell ein Special-Interest-Forum ist, wird sich zeigen.

Und nun? Facebook oder Google+?

Es ist leider wirklich so: Äpfel lassen sich schwer mit Birnen vergleichen – auch wenn beides Früchte sind. Die Frage nach dem Netzwerk ist für eine gelungene Online-Kommunikationsstrategie nur sehr selten die erste. Und auch wenn sowohl Facebook als auch Google+ sich als Netzwerke unterscheiden, kann auf keinen Fall ein allgemeingültiges Urteil gefällt werden, welches per se das bessere ist. Wie so oft im Beraterleben heißt es auch hier: „Es kommt drauf an“.

Wer sich gern noch tiefer in die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Facebook und Google+ einlesen möchte, kann einen Blick in das Buch “Like it or Plus it?” von Nemo Altenberger und Jan Eisenkrein werfen.