Besser (mal) zuhören

Von der Story über den Content zum Format und von da zum richtigen Kanal – diese Reihenfolge gilt als Fahrplan für erfolgreiches Content Marketing (auch wenn er in der Praxis oft nur teilweise eingehalten wird). Das Interessante dabei: Dieses vierstufige Modell bezieht sich im Grunde nur auf den Output. Klar, entscheidend ist, was hinten rauskommt, wusste schon der Dauerkanzler (und in dieser Funktion sicher auch PR-Experte) Helmut Kohl. Aber wo schürfen die Beteiligten nach goldenen Content-Nuggets? Im Gespräch. Und hier, am Beginn jeder Kampagne, lässt sich meist immer noch etwas optimieren.

Die Kommunikationstrainerin Doris Märtin kennt viele Tipps, wie aus solchen Meetings – egal auf welchem Kanal und in welcher Runde – für Kommunikations-Beauftragte das Maximum zu gewinnen ist. Zunächst einmal hat sie drei ganz allgemeine Tipps für gelungene Gespräche, die übrigens auch für private Gespräche keine schlechten Ratgeber sind.

Wer zuhört, führt die besten Gespräche

Es ist eine der ältesten Regeln zur Kommunikation, denn dahinter steht die Weisheit: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Aber warum eigentlich? „Reden heißt, im Mittelpunkt zu stehen“, sagt Märtin. Dieser Platz gehört aber am besten dem, der die fachlichen Details kennt. Und die obige Strategie verschafft den PR-Verantwortlichen einen weiteren Vorteil: „Wer zuhört, lernt ja automatisch das Gegenüber kennen“, sagt Märtin.

Gute Kommunikation ist wie Tango tanzen

Natürlich hat der fachliche Experte nichts davon, wenn die Bühne ihm alleine gehört und er außer gefälligem Kopfnicken keine Rückmeldung erhält. So will Märtin den Ratschlag von oben aber auch nicht verstanden wissen, sie plädiert für „aktives Zuhören“. Lassen Sie den Fachverantwortlichen so oft reden wie möglich, aber achten Sie dabei darauf, wann er Ihre Hilfe braucht oder eine kluge Rückfrage angebracht ist. Märtin vergleicht es mit dem Tanzen: „Beim Tango muss ich die Spielregeln kennen – sie sind aber nur die halbe Miete. Denn genauso wichtig ist es, auf mein Gegenüber einzugehen.“

Die Redezeit beträgt zwei Minuten

Apropos Spielregeln: Wann wird es zu langatmig? Generell sinke die Aufmerksamkeitsspanne heutzutage immer mehr, stellt Märtin fest. „Eine Faustregel ist daher: Nicht mehr als zwei Minuten am Stück sprechen. Das halte ich selbst oft nicht durch. Aber wer sich das bewusst macht, lernt, sich kürzer zu fassen.“ Und wer sich besonders gut vorbereitet, hat für seine Redeanteile drei unterschiedlich ausführliche Erklärungen parat. „Dann kann ich flexibel reagieren, wenn ich merke: Mein Gegenüber will es eher kurz und knackig – oder eben sehr ausführlich.“

Was vor dem Gespräch wichtig ist

Mit diesem Wissen im Hinterkopf geht es dann also ins Gespräch. Gerade neue Projekte oder Neukunden sind da oft noch wie eine Black Box. „Außer Sachinformationen gehört natürlich zur Vorbereitung die Frage: Wie wird aktuell kommuniziert, in welcher Tonalität?“, sagt Märtin.

Wie sich ein gutes Gespräch entwickelt

Im Gespräch gelte es dann, einen Gleichklang herzustellen mit den Meeting-Teilnehmern, etwa beim Tonfall und der Sprechgeschwindigkeit – das schaffe Vertrauen. „Auch das Pausenverhalten muss abgestimmt werden, also machen Sie am Anfang lieber längere Pausen – sonst fühlen sich Zuhörer schnell überrollt.“ Überhaupt ist Märtins Ratschlag: Keine Hektik am Anfang. „Man muss Ruhe in sich selbst hineinbringen und vor allem wissen: Ich alleine kann für ein gutes Gespräch nicht sorgen, das ist ein Spiel für zwei Seiten.“

Ebenfalls nicht an den Gesprächsanfang gehöre das Brillant-Feuerwerk an tollen Ideen (das Sie natürlich in der Tasche haben sollten). „Die wirklich guten Ideen kommen meist erst nach einer gewissen Zeit“, ist Märtins ständige Erfahrung. Gut herauskitzeln lassen sie sich mit öffnenden Fragen, sagt die Trainerin: „Wenn Sie an Kommunikation denken – was bewegt Sie da am meisten? Und welche Art Kommunikation gefällt Ihnen?“ Und hier schärfen gezielte Nachfragen die Stoßrichtung. Meint zum Beispiel „seriös“ eher „diskret und nüchtern“ oder geht es um einen konservativen, dabei aber warmherzigen Tonfall?

Wenn das Gespräch in vollem Gang ist

Nach Fragen dieser Art folge meist eine Phase, in der die fachlichen Experten viel erzählen – oder sogar in der Runde zu diskutieren beginnen, letzteres findet Märtin besonders spannend. „Da kommen oft Goldstücke, deren Wert die Beteiligten noch gar nicht kennen.“ Schleppt das Gespräch dagegen ein bisschen, lohnt sich ein Perspektivwechsel. Zum Beispiel nicht mehr über Produkte zu sprechen, sondern über die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe. „Es ist nicht unbedingt wichtig, dass Sie jederzeit Lösungen parat haben. Viele finden es bereits sehr angenehm, wenn ihnen jemand den Weg öffnet, anders zu denken“, erklärt Märtin.

Letztlich seien diese Tipps „gar kein so großes Hexenwerk“, sagt Märtin. Aber das schmälert nicht deren Nutzen. „Das Ziel eines guten Gesprächs sollte es sein, Kreativ-Erlebnisse zu teilen und damit den Gesprächspartner am Entstehungsprozess von Ideen teilhaben zu lassen. Wenn das gelingt, sehe ich Leute immer wieder richtig aufblühen.“ Und dann schwirren die Ideen plötzlich durch die Luft.

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