Strengere Regeln zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sind eine kommunikative Herausforderung. Und eine Chance.
Nachhaltiges Handeln schreiben sich immer mehr Unternehmen auf ihre Fahnen. Für viele war das bisher eher ein „nice to have“. Doch mit einer neuen EU-Richtline zur Nachhaltigkeitsberichterstattung dürfte der Nachweis einer umwelt- und sozialverträglichen Bilanz für viele Unternehmen zur Pflicht werden. Das bringt kommunikative Herausforderungen mit sich.
Nachhaltigkeit ist in aller Munde und ein regelrechtes Buzzword, das Modernität, Verantwortungsgefühl und Wertebewusstsein vermittelt. Und ja: Es gibt auf diesem Gebiet viele Firmen und Betriebe, die absolute Überzeugungstäter sind, bei denen Anspruch und Wirklichkeit in einem stimmigen Verhältnis stehen. Doch gefühlt behaupten inzwischen so gut wie alle Unternehmen von sich, nachhaltig zu sein. Es ist eben schick, in Sachen Umweltschutz und Soziales mithalten zu können – das wissen auch Marketingfachleute. Und so wird damit leider auch in nicht wenigen Fällen „Greenwashing“ betrieben, und das Bekenntnis verkommt zum Feigenblatt, mit dem Umwelt- und Sozialsünden kaschiert werden.
Mittelständler unter besonderem Druck
Inzwischen ist Nachhaltigkeit aber auch eine Pflicht. Schon seit 2017 sind börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen verpflichtet, über ihre entsprechenden Aktivitäten in einem jährlichen Corporate Social Resposibility Report (CSR) zu berichten. Da geht es unter anderem um Umwelt‑, Sozial- und Arbeitnehmer:innenstandards sowie um Menschenrechtsbelange und die Bekämpfung von Korruption. Ein neuer EU-Entwurf zur Überarbeitung der Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) wird in wenigen Jahren noch wesentlich mehr Unternehmen betreffen – Schätzungen gehen von rund 15.000 Unternehmen allein in Deutschland aus. Ziel des EU-Entwurfsvorschlags ist es, die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklung und dem European Green Deal in Einklang zu bringen und einheitliche Standards auch auf kleinere Unternehmen auszuweiten. Die EU-Richtline soll ab 1. Dezember 2022 in nationales Recht überführt werden. „Die Kommission sieht vor, dass die Berichtspflicht ab 2024 für das Geschäftsjahr 2023 gilt. Derzeit gibt es aber Bestrebungen durch den EU-Rat und das EU-Parlament, das um ein Jahr zu verschieben“, sagt Ralf Ansorge, Geschäftsführer der Profilwerkstatt.
„Wie auch immer: Das wird eine Riesenherausforderung für alle Unternehmen ab 250 Beschäftigten, mit einem Umsatz von 40 Millionen Euro beziehungsweise einer Bilanzsumme von 20 Millionen Euro.“ Betroffen sind alle Unternehmen, die mindestens zwei der eben genannten Kriterien erfüllen. Allein der Entwurf für den CSR-Bericht, den sie künftig Jahr für Jahr zu erstellen haben, und der unabhängig von einem Geschäftsbericht ist, umfasst momentan 1.000 Fragen. Auch wenn diese nicht immer alle von einem Unternehmen beantwortet werden müssen, wird das ein großer Aufwand – der anders als bei den Gechäftsberichten, nicht nur vor allem Finance- und Controllingabteilungen betrifft, sondern auch HR, Einkauf und Kommunikation. Intern müssen Abteilungen dadurch neu zusammenarbeiten.
„Und extern wird das Thema noch sehr handfest werden“, ist der Geschäftsführer der Profilwerkstatt überzeugt. Denn das geplante Reporting betrifft nicht zuletzt auch die Finanzbranche und gibt ihnen neue Auflagen vor. Banken dürften dann Kredite nur an Firmen vergeben, die einen Nachhaltigkeitsnachweis nach den geforderten Standards liefern können – Unternehmen, die das nicht oder nur unvollständig haben, bekommen damit keine Kredite mehr oder nur noch sehr erschwert.
Banken geben keine Kredite mehr, Lieferanten riskieren, ausgelistet zu werden, wenn sie keine Daten für das Reporting ihrer Kunden liefern können
Doch damit nicht genug. Auch kleinere Dienstleistende und Lieferfirmen können betroffen sein, wenn sie das Reporting nicht mitmachen oder nicht in der Lage sind, die geforderten Daten zu liefern. In diesem Falle riskieren sie bei Firmen ausgelistet zu werden, für die das EU-Reporting verpflichtend ist. Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft hat auf seiner Webseite einen FAQ-Bereich zu dem Thema eingerichtet, der regelmäßig aktualisiert wird.
Von der Pflicht zurück zur Kür
Viele sehen die Reports derzeit als lästige Pflicht. Ralf Ansorge wirbt dafür, sie vor allem als Chance zu sehen. Denn sich den Fragen zu stellen, Antworten zu finden, zu entdecken, wo man sich verbessern kann, hat für Unternehmen tatsächlich auch einen Nutzen: Sie können intern helfen, einen Prozess in Gang zu setzen, der ganz konkret ein Unternehmen nachhaltiger macht, der das Mindset verändert – und die Firma attraktiver werden lässt. Die Reports können – kommunikativ gut aufbereitet – eine Steilvorlage sein, um Investoren und Investorinnen zu überzeugen, sie können bei Ausschreibungen, bei denen Dienstleistende und Zulieferfirmen immer häufiger gefragt werden, ob auch sie die ESG-Standards beachten, Türen aufmachen. „Es ist eben auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, nachhaltig zu sein und das entsprechend zu kommunizieren“, so Ralf Ansorge. Neben Banken und Auftraggebenden aus der Wirtschaft oder der Verwaltung seien auch die eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine wichtige Anspruchsgruppe. Schließlich zählt Nachhaltigkeit zu den Kriterien, die immer wichtiger werden, um sich im Wettbewerb um Talente als verantwortungsbewusstes Unternehmen und attraktiven Arbeitsplatz zu positionieren.
Wie Nachhaltigkeit im Kleinen glaubhaft belegen?
Für Unternehmen im nicht-produzierenden Gewerbe ist jedoch die Erfüllung von ISO-Normen oder die Teilnahme an dem EU-Öko-Audit EMAS nicht möglich oder angemessen, weil sie entweder zu klein sind oder nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen. Wo Zertifikate vielleicht nicht der einzig passende Weg sind, geht es umso mehr um eine glaubwürdige Kommunikation. Das trifft insbesondere kleinere Mittelständler. Für diese Gruppe wird es immer wichtiger, Nachhaltigkeit zu belegen, ohne dafür einen umfassenden Bericht zu erstellen.
Der Weg der Profilwerkstatt: Footprint-Berechnung und Kompensation, EcoVadis-Bewertung, Gemeinwohl-Bericht
„Wir können nicht nur andere animieren, über Nachhaltigkeit zu kommunizieren, wir müssen es selbst leben”: Vor gut einem Jahr hat die Profilwerkstatt beschlossen, den Weg der Nachhaltigkeit noch konsequenter als bisher zu gehen und die dafür notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Der erste Schritt war die Analyse. Der Status Quo in Sachen Nachhaltigkeit wurde auch durch eine interne Umfrage unter Mitarbeitenden geklärt. Ein weiterer Meilenstein war die Teilnahme an verschiedenen Audits, um erste messbare Ergebnisse zur Verbesserung der Klima- und Nachhaltigkeitsbilanz zu erbringen. So hat die Profilwerkstatt mit ClimatePartner bereits zum zweiten Mal ihren eigenen CO2-Fußabdruck berechnen lassen (bei der aktuellen Berechnung bereits ein deutlich geringerer CO2-Fußabdruck) und dann durch Kompensationszahlungen vollständig ausgeglichen. Dafür wurde sie mit dem Label „klimaneutral“ zertifiziert. Und mit der Kompensation wurde auch diesmal wieder das Bergwaldprojekt e.V. unterstützt, das sich unter anderem um die Aufforstung des Harz kümmert.
Als weitere Maßnahme hat die Profilwerkstatt an einem Nachhaltigkeits-Rating von EcoVadis teilgenommen. In der Bewertung für 2022 schnitt die Agentur mit Bronze ab und zählt damit bereits zu den besten nachhaltigen 50 Prozent der von EcoVadis bewerteten Unternehmen. „Bronze heißt für uns natürlich auch, da ist noch Luft nach oben“, sagt Ralf Ansorge. „Oft liegt es daran, dass wir noch keine Dokumentationen oder Richtlinien angelegt haben. Daraus lernen wir fürs nächste Jahr und können jetzt damit anfangen – ohne uns zu ‚überdokumentieren‘.“
In Arbeit: der Gemeinwohl-Bericht der Profilwerkstatt
Vorbereitet wird in diesem Jahr auch der erste Gemeinwohl-Kompaktbericht der Agentur. Der Gemeinwohl-Bericht der Initiative Gemeinwohl-Ökonomie betrachtet in einer Matrix und mit bis zu 400 Fragen den Impact des Unternehmens zu Mitarbeiter:innen, Kund:innen, Lieferant:innen, Eigentümer:innen und dem gesellschaftlichen Umfeld.
© econgood.org
„Gut gemeinsam leben – das ist für uns eine Überschrift, die Gemeinwohl erklärt. Wie tragen wir als Unternehmen dazu bei, dass das Miteinander von Mensch und Umwelt gut funktioniert – überhaupt wieder anfängt, gut zu funktionieren? Wie können wir Teil der Transformation von Marktwirtschaft zu einer sozial-ökologischen Wirtschaft sein?”, so Ansorge. „Das finden wir mit dem Bericht heraus. Hier suchen wir schon sehr ähnlich wie beim EU-Reporting viele Zahlen und Fakten zusammen und daraus erhalten wir spannende Erkenntnisse, wo wir konkret noch besser werden können, um unseren Beitrag als Agentur zu leisten. Und alle machen mit. Es ist wunderbar, dass alle Mitarbeiter:innen hier wirklich gleich ticken – und sich auch gegenseitig treiben”.
Inzwischen hat sich die Profilwerkstatt außerdem mit relevanten Interessengruppen vernetzt. Dazu zählt die Mitgliedschaft im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft, dem bereits fast 500 Unternehmen in Deutschland angehören. Der Verband hat sich zukunftsorientiertes Wirtschaften als Schwerpunkt gesetzt und möchte das Thema Gemeinwohl und sozial-ökologische Wirtschaft vorantreiben. Dem Ziel dient auch die Mitgliedschaft in der Initiative Gemeinwohl Ökonomie. Ferner ist die Profilwerkstatt seit April 2022 Gründungsmitglied der Initiative Unternehmensnetzwerk Klimaschutz, eine Initiative der Industrie- und Handelskammern Deutschlands, die ihre Aktivitäten offiziell im Mai 2022 startet und die Agentur ist Unterzeichnerin der Charta für nachhaltiges Wirtschaften der Initiative nachhaltiges Wirtschaften Hessen.
Nachhaltigkeitskommunikation in der Praxis
Als „Haus der Contentexpert:innen“ hat die Profilwerkstatt natürlich auch begonnen, Berichtsunterlagen zu erstellen. Inhaltlich ist die Content-Marketing-Agentur aus mehr als als ein Dutzend Kundenprojekten bestens vertraut mit der Nachhaltigkeitsthematik, dem Engagement und ESG-Fragen. Dazu zählt zum Beispiel die seit Jahren erfolgreiche Publikation von Engage!, dem Engagementmagazin von Union Investment. Seit kurzem im Netz ist auch die Nachhaltigkeits-Website von Evonik Active Oxygens. Sie wurde von mehreren Gewerken der Profilwerkstatt (inklusive Creative Film und 540 Tage Liebe) gemeinschaftlich konzeptioniert und mit Content befüllt. Im Mai 2022 erschien außerdem die ESSENTIAL, das Magazin von Freudenberg Sealing Technologies (FST). Die Ausgabe widmet sich ausschließlich dem Thema Nachhaltigkeit. Das Magazin und ein Begleitvideo wurden umfassend von der Profilwerkstatt begleitet – konzeptionell, redaktionell und gestalterisch. Zudem stammt auch die Kampagne #togetHERstronger aus dem “Haus der Contentexpert:innen” (Creative Film und 540 Tage Liebe). Die Kampagne der Commerzbank unterstützt Frauen auf dem Weg zur finanziellen Selbstbestimmtheit und fördert damit auch mehrere Ziele der Social Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen wie Geschlechtergleichheit, Armutsbekämpfung und eine bessere Bildung.
Die aus der eigenen Entwicklung und den Kundenprojekten gewonnene Expertise ist ein fundierter Erfahrungsschatz, von dem auch andere Unternehmen profitieren können, die sich aktuell ebenfalls unter Transformationsdruck befinden. „Wir spüren schon seit längerem, dass sich immer mehr Unternehmen nachhaltige Ziele setzen. Nachhaltigkeit ist demnach ein kommunikatives Thema, und dabei unterstützen wir mit unserer Expertise“, sagt Martina Keller, Geschäftsführerin der Profilwerkstatt. Inhaltlich liefere die Profilwerkstatt zwar keine Umweltberatung. „Was allerdings für Unternehmen wichtig ist: Haltung zeigen. Eine Haltung gegenüber der Umwelt, der Gesellschaft und wenn es um Beziehungen geht – und zwar allen Anspruchsgruppen gegenüber“, unterstreicht Martina Keller. Diese Erfahrungen und der gezielte Einsatz von hochwertigem Content in der Kommunikation ist natürlich auch ein Angebot für Unternehmen, die ebenfalls mehr und vor allem glaubwürdig über ihre eigenen Nachhaltigkeitsaktivitäten kommunizieren möchten, aber nicht genau wissen wie.
Felix Schütze
Senior Editor, Historiker, Finanz- und Vinylfan. Liebt Substanz und gute Geschichten – in Long und Short Copy.