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Zielgruppe? Ach Gott: alle!

Zielgruppe? Ach Gott: alle!

Keine Angst vor spitzen Zielgruppen: Wer sich traut, seine Kommunikation kleinteiliger zu machen und die Performance zu messen, hat gute Chancen auf Erfolg.

Der gute alte Horaz hat schon im zehnten Jahrhundert vor Christus die Grundsätze dessen formuliert, was heute als „Content Marketing“ Einzug in die Kommunikationsabteilungen von Unternehmen erhält: Das berühmt gewordene „prodesse et delectare“, das der römische Dichter und Philosoph in seiner Ars Poetica formulierte, fordert von der Dichtkunst, dass sie „nützlich sein“ und „unterhalten“ solle. Was für die Dichtkunst gilt, kann für die Wirkungsweise anderer Erzählformate nicht schädlich sein – steckt doch in jenem prodesse et delectare der Gedanke, dass die Rezeption von Inhalten sowohl von einer emotionalen als auch einer rationalen Seite getragen wird. Heute sagen wir dazu, eine Kommunikation soll ganzheitlich sein. Aber muss sie für alle gleich sein?

Joe Pulizzi, Gründer des Content Marketing Institute (CMI), Cleveland, plädiert dafür, dass Unternehmen ihre Kunden schlauer machen sollten. „Instead of pitching your products or services, you are delivering information that makes your buyer more intelligent. The essence of this content strategy is the belief that if we, as businesses, deliver consistent, ongoing valuable information to buyers, they ultimately reward us with their business and loyalty.“ Damit formuliert Pulizzi, wie Unternehmen auf die geänderten Ansprüche ihrer Kunden reagieren sollten.

Kommunikations- und Marketingverantwortliche hören das sehr wohl – doch sie können oft auch systembedingt schlecht aus ihrer Haut. In Briefings wird diese Forderung deshalb oft genug formuliert: „Wir möchten alle erreichen“. Aus Angst, jemanden zu vergessen oder „nicht mitzunehmen“. Doch gibt es wirklich vieles, das nützlich für alle ist? Oder gibt es viel unterschiedlich Nützliches?

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Dass die Kundschaft heutzutage relevante Informationen fordert, zeigt sich darin, dass über 90 Prozent der Konsumenten, ehe sie eine Kaufentscheidung treffen, Internetseiten aufsuchen, die über das gewünschte Produkt informieren (Quelle: CMI). Im Jahr 2012 waren das im Durchschnitt 10,4 verschiedene Quellen. Eine besondere Rolle spielen in diesem Zusammenhang Erklärvideos – Filme, die für jedermann verständlich etwa die Funktionsweise neuer technischer Geräte oder abstrakte Prozesse erläutern. Das Ziel eines Unternehmens: Es sollte fortan, schreibt „Werben & Verkaufen“, darin bestehen, die führende Informationsquelle zu einem bestimmten Thema zu sein. „‚Thought Leadership’, die Themenführerschaft auf einem Wissensgebiet, führt zu beachtlichen wirtschaftlichen Erfolgen“, so das Fachmagazin für die Werbebranche weiter.

Angst vor dem Analyseergebnis

Doch was kommt wirklich an? Die Angst vor der Performanceerkenntnis ist oft genauso groß wie die Angst, eine Zielgruppe nicht zu berücksichtigen, weshalb lieber alle und damit keiner richtig bedient wird. Herauszufinden, ob die Kommunikation stimmt, geht nicht ohne professionelle Analyse, Monitoring und Messung der Ziele – wovor viele Kommunikationsexperten zurückschrecken. Nur rund ein Drittel aller Unternehmen misst den Erfolg seiner B-to-C-Medien, wie eine Untersuchung des Schweizer Marktforschungs- und Strategieberatungsunternehmens Zehnvier Research & Strategy herausgefunden hat. Dabei spielt vor allem die Sorge vor enttäuschenden Ergebnissen eine Rolle. Wer bekommt schon gerne den Beleg dafür, dass er mit seiner Themensetzung danebenlag?

In der heutigen, von Tempo und Transparenz geprägten Kommunikationswelt ist eine solche mutlose Haltung allerdings hoffnungslos old school. Wollten Unternehmen die Wirksamkeit ihrer Medien verbessern, sei zwingend eine proaktive Haltung nötig, so die Studie „Mit der PROSA-Formel zu mehr Performance“. Allzu oft bedeuten schlechte Performanceergebnisse das Aus für ein Kommunikationstool. Das ist aber die Einstellung, die Angst bestärkt. Eine proaktive Haltung meint: In Firmen sollte eine experimentierfreudige Einstellung vorherrschen, die mögliche Fehlschläge einkalkuliert. Nur wer den Erfolg (oder Misserfolg) misst, hat die Chance, seine Aktivitäten zu optimieren. Die schlechte Nachricht daran: Dazu gehört Mut. Die gute Nachricht: Mut wird belohnt.

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Der Mut, neue Wege zu beschreiten und sich nach einer Contentanalyse sehr spitz auf Themen zu fokussieren, zahlte sich beispielsweise für die Schwenninger Betriebskrankenkasse bislang aus. Ihre Microsite „www.babyharmonie.de“ hat sich zu einer der ersten Informationsquellen bei Fragen rund um die Schwangerschaft und das Vermeiden von Frühgeburten entwickelt. Sie ist eine von inzwischen neun Microsites, die die Krankenkasse für eine jeweils spezifische Klientel aufgebaut hat und die sie mit Inhalten bestückt. So enthält die Seite www.ab-in-die-ausbildung.de, die sich an Schulabsolventen richtet, Gamificationelemente. Längst wirkt es, als hätte die Krankenkasse ihre Kundschaft in spitze Zielgruppen zerteilt und für jede einzelne eine passende Microsite entwickelt. Nutzwertiger Content habe zur Folge, dass sich immer mehr Menschen für das Unternehmen interessierten, glaubt Ingo Hermann, Leiter Online-Marketing der Schwenninger Krankenkasse: „Gute Inhalte punkten einfach.“

“Mut zur Lücke”

„Um wahrgenommen zu werden, ist Mut zur Lücke das Gebot der Stunde. Und wenn es richtig gut läuft, wird daraus sogar ein Hit für alle“, sagt Hans Frisch, Unit-Leiter Corporate Video der Profilwerkstatt. Das zeigt das Video „Supergeil“ der Supermarktkette Edeka. Der schräge Film, mit dem eine jüngere Zielgruppe auf das Unternehmen aufmerksam gemacht werden sollte, wurde inzwischen auf Youtube neun Millionen Mal angeklickt. „Dass dies eine Idee war, mit der man auch scheitern kann, war allen bewusst“, schreibt Jens Pfau, stellvertretender Geschäftsführer von Jung von Matt, die den Film produzierten. „Man weiß nicht, ob solch eine sperrige Viral-Idee zündet oder nicht.“ Auch wenn hier vor allem die Unterhaltungsforderung von Horaz erfüllt wurde: spitze Zielgruppe, riesen Wirkung – so kann „Mut zur Lücke“ belohnt werden.

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Shit in, Shit out. Über das Dilemma mit schlechten Briefings.

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