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Keiner liest mich

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Messen macht besser – Unternehmen und Agenturen sollten keine Angst vor der Performanceerkenntnis haben, findet Prof. Dr. Clemens Koob.

Unsere These: In vielen Unternehmen und auch Agenturen wird der Erfolg der Kommunikation nicht gemessen, weil die Verantwortlichen von der Angst vor „schlechten Ergebnissen“ beherrscht werden. Denn schlechte Ergebnisse führen oft dazu, dass das Kundenmagazin, die PR-Kampagne, die App gestrichen werden.

Clemens Koob: Diese Ängste gibt es – das ist ein Fakt. Wir erleben das zum einen ganz unmittelbar, wenn wir Unternehmen und Dienstleister bei der Erfolgsmessung unterstützen. Zum anderen haben auch die Experteninterviews, die wir für unsere Best-Practice-Studie zum Performance-Management geführt haben, bestätigt, dass es diese Sorgen gibt. Kommunikationsverantwortliche fragen sich natürlich aber auch, ob es ihnen mehr bringt, in die Erfolgsmessung zu investieren oder direkt in zusätzliche Kommunikationsmaßnahmen. Und auch die eine oder andere Agentur befürchtet den „Crowding-out“-Effekt, dass Budgets in die Erfolgsmessung statt zu ihr fließen könnten.

Sicher, lieber Geld für Content statt für Messung …

Koob: Unternehmen und Agenturen vergeben in jedem Fall drei große Chancen, wenn sie ihre Kommunikationsaktivitäten nicht systematisch und regelmäßig auf den Prüfstand stellen: erstens die Möglichkeit, die eigenen Aktivitäten systematisch zu verbessern und den Kommunikationserfolg zu erhöhen. Zweitens die Chance, den Erfolg des eigenen Tuns nachzuweisen – als CP-Verantwortlicher gegenüber dem Controlling oder Vorstand und als Agentur gegenüber dem Kunden. Und damit drittens die Chance, nachweislich erfolgreiche CP-Aktivitäten weiter ausbauen zu können.

Dennoch, ein oft genanntes Argument gegen Erfolgsmessungen sind die hohen Kosten – und das dafür fehlende Budget.

Koob: Der Erfolgsmessung mit dem Argument zu hoher Kosten einen Riegel vorschieben zu wollen ist gleich aus zwei Gründen falsch: zum einen, weil sich auch mit überschaubaren Investitionen smarte Performance-Management-Lösungen realisieren lassen. Und zum anderen, weil die Folgen einer suboptimalen Kommunikation weit schwerer wiegen als die Investitionen, welche die Erfolgsmessung mit sich bringt.

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Können Unternehmen es sich eigentlich leisten, nicht zu wissen, was wie funktioniert – also die Contentbedürfnisse der Zielgruppe mehr mit dem Bauch als über Fakten zu kennen?

Koob: Tatsächlich ist es so, dass das Thema „Erfolgsmessung“ bei vielen Unternehmen noch nicht fest in der Kommunikationsstrategie verankert ist. Das führt dazu, dass es keine klaren Zuständigkeiten gibt, und dass häufig auch kein Budget verfügbar ist. Unsere Best-Practice-Studie, die wir für das Forum Corporate Publishing (FCP) für die Branche erstellt haben, zeigt jedoch, dass die Erfolgsmessung Teil der DNA eines CP-Programms sein sollte. Ein konsequentes Performance-Management im Corporate Publishing (CP) gelingt am besten, wenn die Erfolgsmessung einschließlich eines entsprechenden Budgets – vor allem bei neuen Projekten – von vornherein in die CP-Strategie integriert wird.

Lässt sich Erfolgsmessung auch gegenrechnen?

Koob: Die Basisstudien, die wir regelmäßig für das FCP durchführen, zeigen deutlich: Firmen, die den Erfolg ihrer Unternehmensmedien regelmäßig messen, kommunizieren grundsätzlich erfolgreicher als Unternehmen, die dies nicht oder nur gelegentlich tun. Das ist nachvollziehbar, wenn man den Lebenszyklus eines CP-Mediums betrachtet: Professionelle Pretests vor und ein umfassenderes Testing nach der Lancierung eines CP-Mediums stellen sicher, dass die Kommunikation wirklich zielgruppengerecht erfolgt. Im weiteren Verlauf kann dann ein Test- und Lernumfeld geschaffen werden – zum Beispiel um journalistische Thesen zu möglicherweise interessanten Themen oder neue gestalterische Optionen zu testen.

Test- und Lernumfeld ist ein guter Punkt: Die Angst vor der Performanceerkenntnis ist sicher auch eine Angst vor unangenehmen Wahrheiten, die man als Kommunikationsverantwortlicher eher nicht überbringen möchte – beispielsweise wenn sich herausstellt, dass die vom Marketingvorstand oder der Geschäftsführung unbedingt gewollten Themen an der Zielgruppe vorbeigehen.

Koob: Ganz klar, zu einer Kultur, die mit dem, was „nicht rund läuft“, positiv umgeht, müssen alle Beteiligten beitragen. Das beginnt beim Vorstand oder der Geschäftsführung. Sie müssen eine Atmosphäre schaffen, in der „Fehler“ angstfrei benannt werden können und als Chance gesehen werden. Wesentlich ist hier, den Grundsatz „analysieren statt toben“ vorzuleben. Außerdem braucht es die aufrichtige Bereitschaft, eigene Fehleinschätzungen einzugestehen.

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Wie könnte es zu einem Sinneswandel kommen – also wie könnte der Weg weg von der negativen hin zu einer positiven Fehlerkultur verlaufen?

Koob: Wichtig ist, das Performance-Management richtig auszugestalten. Nur wenn die Erfolgsmessung einen echten Nutzwert bietet und dieser gesehen wird, hat sie eine Chance, akzeptiert zu werden. Ein Stichwort lautet hier „Agilität“: Ergebnisse der Erfolgsmessung sollten möglichst schnell verfügbar sein, damit man rasch Optimierungen und redaktionelle Verbesserungen vornehmen kann.

In der CP-Branche gibt es für Key Performance Indicators (KPI) keine Standards. Wie sinnvoll ist es denn, wenn sich jeder seine eigenen KPI zusammenbaut?

Koob: Natürlich. Richtig ist, dass man projektspezifisch definieren muss, welches die relevanten Erfolgsgrößen sind. Gefragt ist zunächst ein klares Verständnis, was Kommunikationserfolg im konkreten Fall überhaupt bedeutet. Es braucht also klare kommunikative Zielsetzungen – bereits hier kann es durchaus haken. Ausgehend von und im Einklang mit diesen Kommunikationszielen sind dann die entscheidenden Erfolgsgrößen festzulegen und in Form angemessener Key-Performance-Indikatoren zu operationalisieren.

Herr der Zahlen: Prof. Dr. Clemens Koob, 40, ist Managing Director des Marktforschungs- und Strategieberatungsunternehmens zehnvier (www.zehnvier.de) in Zürich und Professor für Marktforschung und strategisches Marketing an der Hochschule Erding bei München.

Gibt es zentrale Erfolgsgrößen für die Kundenkommunikation?

Koob: In der Kundenkommunikation lassen sich grundsätzlich drei Erfolgsdimensionen unterscheiden: Erstens geht es auf Ebene des Mediums um Faktoren wie Reichweite, Nutzung, Akzeptanz oder die inhaltliche und gestalterische Bewertung des Mediums. Zweitens geht es um Effektivität – also um den Kommunikationserfolg entlang der „Customer Journey“: Trägt die Kommunikation zur Präsenz der Marke bei der Zielgruppe bei? Vermittelt sie die zentralen Imagewerte? Unterstützen die Kommunikationsmaßnahmen den Vertrieb und fördern sie die Kundenbindung? Drittens schließlich geht es um Erfolg im Sinne von Effizienz, also um den Kommunikationserfolg im Verhältnis zum eingesetzten Budget.

Kann man Content, der im Magazin erscheint, online „vortesten”? Beispielsweise über Blogs, Facebook- und Twitter-Posts, deren Resonanz bewertet wird, um dann das Thema mit der größten Resonanz ins Heft zu heben?

Koob: Das ist ein schönes Beispiel für ein „Test- und Lernumfeld“ und eine agile Contentkreation. Ein anderes Beispiel wäre, Onlinebeiträge mit einem einfachen, nutzerseitigen Ratingmechanismus zu versehen, um zu schauen, welche Inhalte positive oder negative Resonanz finden. Voraussetzung für diese crossmedialen Pretest-Ansätze ist aber natürlich, dass sich die medialen Bedürfnisse der Zielgruppe im Online-, Mobile- und Printumfeld hinreichend ähneln. Ob das gilt, sollte man jeweils genau im Auge behalten.

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