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Keine Angst vor Fehlers

Keine Angst vor Fehlers

„Macht von mir aus 200 Fehler. Fehler sind erlaubt. Aber wehe, ihr lauft nicht.“ Pep Guardiola soll das zu seinen Spielern gesagt haben, als er noch beim FC Barcelona war. „Er akzeptiert ein superschlechtes Spiel mit guter Einstellung, aber niemals das Gegenteil.“

Was Xavi, der Spielmacher Barcelonas, lobend im Rückblick auf seinen Trainer sagt, ist das, wonach sich viele sehnen, aber nicht so oft bekommen. Egal wo: Aufm Platz, im Büro – Rückhalt. Rückhalt bei Fehlern ist nicht so weit verbreitet.

Stellen wir uns das einmal vor: „Hauptsache, du läufst!“ als einer der Bewertungsparameter, wenn hinterher darüber diskutiert werden muss, warum in der Präsentation, beim Konzept, bei der Kampagne selbst doch etwas nicht glatt lief.

Spannend? Stattdessen regiert ganz oft die „German Angst“ in deutschen Unternehmen und Agenturen. Als „typisch deutsche Zögerlichkeit“ ist dieser Begriff laut Wikipedia in das internationale Sprachrepertoire eingegangen. Man kann das aber auch mit: „Hauptsache, keine Fehler“ übersetzen. Diese Mentalität führt dazu, dass Projekte einfach versanden, weil sich keiner traut, die Sache in die Hand zu nehmen. Oder sie enden auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner – auch nicht gerade der Stoff, aus dem Erfolge gemacht sind.

Guardiola, so beschreibt es Christian Eichler, Autor der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in einem Porträt über den Cheftrainer des FC Bayern, „hat dieses typische deutsche Festhalten an dem, was bisher funktioniert hat, diese Angst vor dem spielerischen Ausprobieren anderer Möglichkeiten, einfach übergangen, ja ignoriert.“ Vielleicht kann man das leichter starten mit vielen Titeln im Gepäck. Aber andererseits ist der FC Bayern nicht dafür bekannt, lange jeden Spaß mitzumachen. Es gehört Selbstbewusstsein dazu, Mut zu Fehlern.

Das ist also ein Plädoyer für das spielerische Ausprobieren – und für Fehler. Ein Plädoyer für das Ausprobieren von ungewöhnlichen Konzepten (wie das Edeka-Viral von Jung von Matt) oder das sich Konzentrieren auf eine Sache, auf eine Zielgruppe, wohl wissend, dass man damit woanders auch Fans verlieren kann. Ohne eine Entscheidung dafür, die die Möglichkeit des Scheiterns einkalkuliert, kann auch in der Kommunikation nichts Neues entstehen. Ein Plädoyer also auch für Entscheidungen.

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„Die Angst vor Fehlern abbauen“

Sich auf Guardiola einzulassen war für den FC Bayern eine Entscheidung. Und Hand aufs Herz – das ist heute eines der größten Probleme in Unternehmen aller Couleur: Es werden einfach zu wenig Entscheidungen getroffen.

In der Angst vor Fehlern steckt am Ende immer die Angst vor Entscheidungen. Denn es könnte auch eine Fehlentscheidung sein. Deshalb sichern sich, egal auf welcher Ebene, Leute in Agenturen und Unternehmen doppelt und dreifach ab: Werden zehn Leute per „CC“ in Sippenhaft genommen, obwohl nur zwei aktiv in dem Projekt involviert sind. Werden dem Vorstand Budgets von wenigen tausend Euro zur Freigabe vorgelegt – obwohl man selbst eigentlich den Titel Geschäftsführer trägt, was nicht von ungefähr „führen“ und damit auch „entscheiden“ beinhaltet. Alles wird in Meetings x-fach besprochen, hin und her gewendet. Unzählige Ideen und Projekte sind so schon einen langsamen Tod gestorben, ambitioniert gestartet, dann in den Mühlen der Entscheidungsverweigerung zermahlen. „Es ist wichtig, die Angst vor Fehlern abzubauen. Wir brauchen mehr Verständnis, dass uns allen immer wieder Fehler passieren. Und dass wir trotz sorgfältig vorbereiteter Entscheidungen mitunter auch falsche Entscheidungen treffen“, findet die Wiener Fehlerkulturspezialistin Elke Schüttelkopf.

Dabei steckt in dem negativen Begriff Fehlentscheidung etwas Positives: Denn wenigstens wurde endlich eine Entscheidung getroffen. Doch weil es kaum noch Rückhalt gibt für Leute, die „auch mal entscheiden“, hat man vor Entscheidungen in der Regel Angst. Denn Fehler bringen Karrieren mal mindestens ins Stocken. „Alle haben Angst davor, Fehler zu machen, weil in den meisten Fällen sofort nach einem Schuldigen gesucht wird. Die Frage der Schuld verhindert einen positiven Umgang mit Fehlern“, so die Unternehmensberaterin Cornelia Hildebrandt (www.lebendiges-management.de). Dabei müssten Fehler gerade den umgekehrten Effekt haben: „Intelligenz zeichnet sich auch dadurch aus, dass man Fehler macht.“ Das sagte der Risikoforscher Professor Gerd Gigerenzer in einem Interview von „InvestmentProfessionell“, dem Magazin der Fondsgesellschaft Union Investment. Man könnte diesen Satz weiterinterpretieren in: Traut euch mehr, diese Intelligenz zu fordern.

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Selbstverständlich sind Entscheidungen oft unangenehm. Jeder in einer Führungsposition weiß das. Und natürlich müssen sich alle Chefs immer wieder selbst an die Nase fassen. Wie sieht es eigentlich mit der positiven Fehlerkultur in einem Unternehmen, meiner Abteilung aus? Entscheidungen sind Risiko. „Und Scheitern ist nicht sexy“, sagt Hildebrandt. „Wer gibt schon gern zu, einen Fehler gemacht zu haben oder gescheitert zu sein? Gewinner und Erfolgslieferanten sind gern gesehen – daher werden Fehler auch schneller vertuscht statt konstruktiv damit umzugehen. Besser wäre es, Fehler zu eskalieren, damit nach Lösungen gesucht werden kann.“

Fehler sind gut!

Wie viel Risiko bin ich also bereit einzugehen? „Der erste Schritt auf dem Weg zur Risikokompetenz ist die Erkenntnis, dass Gewissheit eine Illusion ist“, so Professor Gigerenzer, der Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und am Harding Zentrum für Risikokompetenz ist. „Gute Fehler muss man machen, um zu lernen.“ Aber wer bestimmt, was ein guter Fehler ist?

„Lieber hinterher mal um Vergebung bitten, als vorher immer um Erlaubnis fragen.”Motto bei Google Click to tweet

Könnte es sein, dass jeder Fehler etwas Gutes hat? Fehler, schreibt Gilbert Dietrich in seinem Blog „Geist und Gegenwart“, gehören „notwendigerweise zum Leben und zur Arbeit.“ Wir Menschen würden uns viel „selbst kaputt machen und viel Potenzial lähmen, wenn wir uns Fehler nicht vergeben, weil wir dann nicht aus ihnen lernen.“ Der Blogbeitrag hat den Titel „Emporscheitern“. Scheitern steht hier für Chance, nicht für Niederlage. Und auch wenn er philosophisch ist, er richtet sich an Unternehmen: Ein bekanntes Motto bei Google lautet: „Lieber hinterher mal um Vergebung bitten, als vorher immer um Erlaubnis fragen.” Das sei nichts für Angsthasen, die Schwierigkeiten haben, selbst Entscheidungen zu treffen. Das sei auch nichts für „Micro-Manager“, wie Dietrich das nennt, die meinten, dass es vor allem darauf ankomme, dass in ihrem Team keine Fehler gemacht werden. „Denn der Weg zu Innovationen ist mit Fehlern gepflastert“, ist Elke Schüttelkopf überzeugt.

Fehler sind also gut – das sieht man nicht nur bei Google, sondern auch bei Apple, bei Microsoft, bei vielen großen Unternehmens- und Agenturvorbildern, die sich eben nicht nur dadurch auszeichnen, dass sie bunte Büros, Chill-Zonen, Tennisplätze und kostenlose Kantinen haben. Fehler sind gut – zumindest die, die nicht dadurch entstehen, dass jemand im entscheidenden Moment sein Hirn abgeschaltet hatte. Oder den Fehler zuließ, weil er ihn vermeintlich nichts anging, Prinzip: „Ist doch nicht meine Abteilung“. Solche Fehler sind einfach nur – dumm.

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