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Es gibt keine zweite Chance für Qualität

Es gibt keine zweite Chance für Qualität

Jeder will Qualität. Aber immer weniger dafür bezahlen. Das ist ein Dilemma. Wenn auch kein neues.

Natürlich will jeder Mensch, jedes Unternehmen das Beste für sich bekommen. Deshalb gibt es das Hohelied der Qualität. Über Qualität zu reden, schrieb Wolf Lotter schon vor rund vier Jahren im brandeins-Magazin, „ist keine Frage der Moral. Es ist eine Frage des Geschäfts. Denn dieses Geschäft dreht sich immer mehr um Dienstleistungen – und da ist der Bruch des Qualitätsversprechens kein kleiner Betriebsunfall mehr.“ Viele wollen auch das Beste liefern. Doch hier beginnt das Dilemma – gerade in der Kommunikationsbranche. Das Qualitätsversprechen in der Kommunikation – das ist die Idee. Jeder will die beste. Aber immer weniger dafür bezahlen. So ist der Betriebsunfall vorprogrammiert: „Produkte sind ersetzbar“, stellt Lotter fest, jedoch: „Aber Dienstleistungen? Service? Wissensprodukte? Wie bessert man die nach? Von Menschen für Menschen etwas leisten, unmittelbar, da gibt es keine zweite Chance. Der Ramsch entsteht sofort.“

Betriebsunfall Informationsramsch

Und er lässt sich nicht mehr zurückholen – gerade in der Kommunikation nicht. Einmal in der Welt – zack: Betriebsunfall Informationsramsch. Er wird immer mehr, was nicht nur an den immer mehr Möglichkeiten liegt zu kommunizieren. Ramsch oder nicht Ramsch – die Frage über die Qualität der Kommunikation wird meist entschieden, bevor die erste Idee überhaupt da ist. Ganz oft über Excel-Tabellen. „Konzepte mit hervorragenden Ideen sollen bei gleicher Qualität in drei Tagen weniger entwickelt werden oder, weil es ja schon der dritte Auftrag ist, zehn Prozent günstiger“, hört der Geschäftsführer des Forums Corporate Publishing (FCP), Michael Höflich, immer die gleichen Klagen aus den Reihen der Verbandsmitglieder. Ideen kommen schließlich doch unter der Dusche, warum soll denn das so viel kosten? Ja, warum?

“Leider wird die Investition in eine Contentidee immer noch nicht als Beitrag zur Wertschöpfung gesehen.”
– Michael Höflich Click to tweet

„Ideen sind das Geld von morgen“. So nannte der ADC Deutschland im Jahr 2012 sein Festivalmotto. Deutschlands Werbe-Kreativelite zeigte damit in die gleiche Dilemma-Ecke: Das Verständnis, dass Zeit und Budgets für die Entwicklung einer Idee eine Investition und nicht ein leicht streichbarer Kostenblock sind, konzentriert sich auf einen überschaubaren Zirkel. Dabei sind Ideen, aus denen der richtige Content zur richtigen Zeit entwickelt wird, eine kostbare Ware. Sie müssen eine besondere Qualität haben. Sie machen den Erfolg. Sie treiben Verkaufszahlen nach oben, bringen Menschen dazu, Probefahrten zu machen, lassen sie Produkte weiterempfehlen und machen sie selbst immer wieder zu Käufern. So etwas gibt es nicht vom Fließband und nicht auf Knopfdruck, es braucht Zeit, sie zu entwickeln. Gute Ideen können den Umsatz oder die Kunden‧zufriedenheit um x Prozent steigern. Ramsch schafft das nicht. Es gibt keine zweite Chance.

Dabei wollen die wenigsten freiwillig kommunikativen Ramsch denken, entwickeln, produzieren, auf die Menschen loslassen. Weder Kommunikationsabteilungen noch Agenturen. Aber sie müssen zu oft. „Das kannste schon so machen, aber dann isses halt Kacke“: Vielleicht hat, weil viel zu oft viel zu wenig Gehirnschmalz in eine Sache gesteckt werden darf, auch deshalb der Spruch eine wachsende Fangemeinde. Der Webdesigner und Projektemacher Kay Spiegel aus Trier hat seit rund fünf Monaten dieses Sticker-Projekt laufen. Auf Facebook, mit einem Blog und einem Kannstemachen-Sticker-Shop: „Das kannste schon so machen, aber dann isses halt Kacke“ kann man als 50er-Pack bestellen, abziehen und überall da aufkleben, wo man das Gefühl hat, da wäre noch mehr gegangen. „Das kannste schon so machen“ ist so oft der Startschuss für: einen Newsletter, der per Mail zwar an 50.000 Adressen geht, von denen ein Fünftel aber Adressleichen sind. Ein Video, das neue Mitarbeiter interessieren soll, aber vor allem dem Chef huldigt. Oder ein hingehuddeltes Facebook-Post, das am Ende einen Shitstorm einbringt. Oder ein gedrucktes Mailing mit „Storytelling“, das aber dann doch nur Produkt-Produkt-Produkt erzählt – Schweinebauch-Werbung eben. Der zweite Satz, der alles besser machen könnte, bleibt unausgesprochen. Geht ja nicht anders: kein Geld, kaum Zeit, muss raus.

Inhalt zählt – das ist auch messbar

Dabei bleibt es in der Kommunikation ein Trugschluss, dass billig produziert mehr Profit ergibt: Je weniger Zeit man sich nimmt, desto mehr kostet das Ergebnis – weil es dem Unternehmen nichts bringt außer Kosten. Profit durch Budgets für Kreativität, die Kommunikationsideen produziert, die qualitativ so gut sind, dass sie einem Unternehmen mehr Wahrnehmung, mehr Sympathie, mehr Kompetenzvermutung, mehr Kundenzufriedenheit – und am Ende mehr Umsatz bringen: Das muss zur neuen Maxime bei Entscheidungen werden. Stimmt der Anfang nicht, kann auch das Ergebnis nicht stimmen. „Inhalt zählt“ heißt der Verbandsslogan des FCP, der die einhundert führenden CP-Agenturen und Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vertritt. Inhalt zählt heißt nicht nur, das es auf den richtigen Content ankommt, um Menschen zu überzeugen. Die richtigen Inhalte bringen auch messbare Erfolge. „Leider wird die Investition in die Entwicklung der optimalen Contentidee oft immer noch nicht als Beitrag zur Wertschöpfung verstanden“, so Geschäftsführer Höflich.

Leider ist das ADC-Motto wieder in der Versenkung verschwunden, bevor es sich weiter herumsprechen konnte. „Die Bereitschaft, Geld für Ideen auszugeben, ist weiterhin nicht sehr groß“, stellt Sebastian Sell, Geschäftsführer der Frankfurter Design- und Markenagentur „Zentralmassiv“ immer wieder fest. Die meisten wollen gleich „loslegen“, etwas „Handfestes“: die Broschüre, das Magazin, die Webseite. Der „Konzeptkram“ ist doch nicht wichtig, man weiß doch, was die Zielgruppen wollen. Auch er und seine Kollegen stoßen deshalb immer wieder auf das Dilemma, das dem Qualitätsdilemma vorgelagert ist: „In einem halbstündigen Brainstorming kommt kein Konzept zustande.“ Vielleicht die Ahnung einer Idee – bis sie groß und mächtig ist, benötigt es aber viel Arbeit. Dazu gehört das Anhäufen von Wissen über die Menschen, für die das Kundenmagazin, die PR, das Video, die Social-Media-Kampagne gedacht sind. Die Kundenperspektive kennen, die Unternehmensperspektive ausblenden, das ist die Kunst, die Zeit kostet, aber dann auch auf den richtigen Kommunikationsweg führt. Weshalb auch Workshops, Recherchen, Persona-Profile so wichtig sind. Ohne sie weiß man nicht, was „der Kunde“ denn eigentlich interessant findet.

badewanne

Qualität und die Generation Y

Gerade jetzt, wo das Rezeptionsverhalten in einem Riesenumbruch ist, sind Budgets und Zeit besonders nötig, um die richtigen Ideen mit dem richtigen Content zu entdecken. Mit der Generation Y steht Unternehmen und Agenturen nämlich nicht nur in Sachen Work-Life-Balance eine neue Qualität ins Haus. Auch in Sachen Kommunikation gibt es mehr Unterschiede, als dass sie ständig online sind. So entwickeln sich beispielsweise Nachrichten, Comedy oder Storys auf Youtube in eine Richtung, die selbst heutige Endzwanziger nicht als qualitativ hochwertig empfinden. Wenn der Youtuber LeFloid mit seinen Nachrichten 1,4 Millionen Abonnenten hat, seine Beiträge aber definitiv keinen konventionellen Content-Qualitätsmaßstäben standhalten – sind die Abonnenten nur komisch drauf, und das wird schon wieder? Oder ist Qualität in der Kommunikation für die Generation Y einfach etwas anderes, und das beliebte Format Azubi-wirbt-für-das-eigene-Unternehmen-Video ist in seiner bekannten Glätte für die Tonne? Die JIM-Studie 2013 des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest gibt darauf Hinweise.

Immer mehr Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren produzieren auch selbst Inhalte, vor allem Videos. Sie sind nach eigener Einschätzung im Durchschnitt 179 Minuten pro Tag online. Die Qualität eines Beitrags hat für diese Generation nichts damit zu tun, ob er in HD gefilmt wurde. Und möglicherweise sind Unternehmen deshalb auch mit einer neuen Tendenz auf dem Holzweg: dass adaptiver Content – Inhalte werden einmal entwickelt und dann für verschiedene Kanäle angepasst – eine Möglichkeit ist, trotz immer mehr Kanälen Qualität und Budgets unter einen Hut zu bekommen. Drei Viertel der befragten Unternehmen des CP-Barometers, das das FCP im November 2013 veröffentlicht hat, waren jedenfalls der Meinung, dass „adaptive Contentstrategien“ eine große Rolle spielen werden. Viele der Umfrageteilnehmer dürften in den Mittvierzigern sein, und natürlich könnte man aus ihrer Sicht hoffen, dass sich auch der Geschmack und die Qualitätsvorstellung der Generation Y ändern, genauso wie sich das beispielsweise auch bei den meisten 68ern geändert hat und LeFloid eine Karriere bei der Tagesschau macht.

Aber wenn nicht? Dann müssen neue Ideen entwickelt werden, die mit dem richtigen Content Menschen von Jobs, Produkten, Dienstleistungen überzeugen. Ramsch überzeugt nicht. Die einzig wahre Messlatte, die entscheidet, ob Kommunikation für ein Unternehmen wertvoll ist und zur Wertschöpfung beiträgt, müssen deshalb die sein, für die der Content geschaffen wurde: Steigen sie auf die Idee ein? Trifft der Content ihre Qualitätsvorstellung? Wenn ja – da steckt es, das Geld von morgen. Aber nur, wenn das Budget mehr zulässt als: „Das kannste schon so machen.“

ZeigendeHand_bronzeResignation ist die Mutter von Ramsch!

PS: Zum Sticker gibt es auf Dawanda als mögliche Antwort übrigens ein T-Shirt mit der Aufschrift: „Is mir egal, ich lass das jetzt so!“

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