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Die Verflüssigung der Qualität

Die Verflüssigung der Qualität

Im Zeitalter der Digitalisierung und des rasanten Datenaustauschs wird es immer schwieriger Up-To-Date zu sein – nicht etwa für die User, die an allen Ecken und Enden mit einer konstanten Datenflut überschwemmt werden, sondern für die Leute auf der anderen Seite: Die Kommunikatoren.

Im Zuge der Digitalisierung verändert sich die Medienwelt mit einer solchen Geschwindigkeit, dass nicht einmal mehr traditionsreiche Zeitungs- oder Magazinverlage – sprich Unternehmen, deren Kerngeschäft in der Herstellung von Publikationen besteht – genau wissen, auf welches Geschäftsmodell sie künftig setzen sollen. Und welche Inhalte nötig sind, um nicht schon morgen von gestern zu sein. Was sollen da erst Unternehmen aus anderen Branchen sagen? Unternehmen, deren Kernkompetenz vielleicht das Finanz-, Immobilien- oder Pharmageschäft ist, aber eben nicht das Steuern der öffentlichen Wahrnehmung?

Suchen immer mehr Informationen auf einer rasant wachsenden Zahl von vernetzten Kanälen ihren Weg zum Nutzer, dann ist Unübersichtlichkeit und Informationsinflation die zwangsläufige Folge – und Qualitätsverlust garantiert. „Die Beschleunigung, wie wir sie zum Beispiel auf Twitter sehen, hat die Nachricht für die Medien entwertet – weil die Verbindung zum Urheber sehr schnell aufgehoben ist“, sagt etwa der ehemalige FAZ-Redakteur und heutige erfolgreiche Blogger Holger Schmidt („Netzökonom-Blog“). „Binnen weniger Minuten steht die Nachricht heute auf jeder Website.“ Daher werde ihre Einordnung immer wichtiger. „Erst der Kontext bringt die Qualität, die Journalisten heute liefern müssen.“

„Die Beschleunigung […] hat die Nachricht für die Medien entwertet – weil die Verbindung zum Urheber sehr schnell aufgehoben ist“Holger Schmidt

Interessantes zu finden wird immer mühevoller

Wenn nun schon der klassische Journalismus derart unter Legitimitäts- und Qualitätsdruck geraten ist, um wie viel mehr ist es dann die PR- und Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen? Sie sind, um glaubwürdig Botschaften vermitteln zu können, ohnehin schon zu einer weitaus größeren Kraftanstrengung genötigt – schließlich steht alles, was sie veröffentlichen oder veröffentlichen lassen, unter dem Generalverdacht, einzig und allein das Publikum zum Geldausgeben anzustiften. „Corporate Publishing und Content-Marketing gelten als große Hoffnung von Unternehmen, den Kunden mit Inhalten statt mit Werbung zu gewinnen“, sagt Schmidt. Mit der steigenden Informationsflut werde es aber für das Publikum immer mühevoller, interessante Inhalte zu finden. In dieser Situation etwa mit der Produktion von noch mehr Inhalten zu reagieren, könne schnell zur Übersättigung führen. Deshalb heiße es: Abschied nehmen vom alltäglichen Multi-Channel-Info-Bombardement sowie dem Aberglauben, in einer lauten Welt werde nur derjenige gehört, der am lautesten brüllt. Und zugleich: willkommen in der neuen, smarten Welt der zeitgemäßen Unternehmenskommunikation. Wie sieht diese aus?

Der Prozess der Digitalisierung hat zur Folge, dass der Qualitätsbegriff für die PR- und Corporate-Publishing-Arbeit, um es im Jargon der Digitalweltbewohner auszudrücken, deutlich „flüssiger“ geworden ist. War die Qualität eines Inhaltes bis vor gar nicht langer Zeit sozusagen ein Ding an sich, das weitgehend unabhängig vom Urteil des Rezipienten existieren konnte, so gelten in der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen inzwischen neue, dynamischere Regeln. Content-Marketing – das klingt zwar wunderbar elegant nach zielgruppengerechtem Informationscatering. Der Haken an der Sache aber ist, dass der Adressat des Contents keine statische Größe mehr ist, sondern ein Mensch mit wechselnden Stimmungen, Interessen und Vorlieben.

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Wenn Holger Schmidt, danach befragt, wie eine moderne PR- und Corporate-Publishing-Arbeit auszusehen habe, sagt: „Man muss ganz einfach das anbieten, was die Nutzer wollen“, dann ist das ein lapidar scheinender Satz, der es allerdings in sich hat. Das Reden ist dem Menschen angeboren, das Zuhören nicht unbedingt. Heute aber gilt es zuallererst, die eigene Kundschaft zum Reden zu bringen – aus dem einfachen Grund, um ihr zuzuhören und zu erfahren, was sie will. Das Kennenlernen der Kundschaft entwickelt sich zur Königsdisziplin in der Unternehmenskommunikation, es ist der Entwicklung von Inhalten vorgelagert, ist eine ihrer Voraussetzungen. Mehr denn je gewinnen in diesem Zusammenhang personalisierte Ansprachen an Bedeutung – dank Big Data technisch gesehen keine Schwierigkeit mehr. Glaube nun aber niemand, dieses Kennenlernen, dem ein ganz eigener Qualitätsbegriff zugrunde liegt – das Stichwort lautet: Authentizität –, sei mit ein paar Tweets oder Facebook-Postings zu bewerkstelligen. In Wahrheit handelt es sich um eine langfristige Aufgabe, die von Profis zu leisten ist und in Unternehmen künftig so alltäglich sein wird wie das Controlling oder die Bilanzbuchhaltung – Aufgaben, die man besser keinem Amateur überlässt.

Wer hat welchen Qualitätsbegriff?

Was er tun würde, wenn er Chef eines CP-Dienstleisters wäre? „Ich würde zehn Softwareentwickler einstellen und gemeinsam mit ihnen überlegen, wie heute spannende Informationsprodukte aussehen“, sagt Holger Schmidt. Die Arbeitsfläche für PR und Corporate Publishing wird größer und größer, und wer auf diesem Sektor Qualitätsarbeit anstrebt, möge sich zuerst fragen: Für wen ist die Qualität gedacht? Und welchen Qualitätsbegriff haben die, die ich mit Qualität beglücken möchte? Das ist, zugegeben, nicht immer einfach, und es funktioniert nicht auf die Schnelle – aber es ist reizvoll. Denn die Möglichkeiten, in ein unverstelltes, direktes Gespräch mit der Kundschaft zu kommen, waren nie so groß wie heute. Man muss im Grunde nur mal kurz das eigene Reden einstellen. Und das Zuhören lernen.

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