Responsive Webdesign – die Angst vor dem Unbekannten

 Im Interview mit Branchenkenner und Webentwickler Jonas Hellwig gehen wir der Frage auf den Grund, warum Unternehmen so große Probleme haben, ihre Arbeitsweisen anzupassen – und wie sie es trotzdem schaffen können.

Eine Website muss heute auf dem Smartphone ebenso gut aussehen wie auf einem Tablet oder dem klassischen PC-Display. Deshalb müssen die Besonderheiten der einzelnen Endgeräte und Nutzungsgegebenheiten bereits in der Entwicklung einer Website bedacht werden. Dieser Wandel stellt Unternehmen oft vor große Herausforderungen. Gelernte Workflows müssen angepasst, aufgerissen oder unter Umständen sogar gänzlich aufgegeben werden. Das macht Angst. Um wettbewerbs- und zukunftsfähig zu bleiben, sollten sich Unternehmen allerdings ihren Ängsten stellen – letztlich geht es ja auch darum, den eigenen Erfolg zu sichern. Wie Firmen alten Ballast abwerfen können und warum Responsive Design nicht einfach nur die nächste Sau ist, die durchs Dorf getrieben wird, haben wir gemeinsam mit „kulturbanause“ Jonas Hellwig geklärt.

Jonas, in Deinem Blog schreibst Du, die Anforderungen an Webdesign hätten sich derart verändert, dass wir nicht einfach so weitermachen können wie bisher. An welchen Stellen siehst Du den größten Handlungsbedarf?
Es geht heute nicht mehr darum, eine Website irgendwie auf ein Tablet oder ein Smartphone zu bekommen, sondern für jeden Nutzer ein perfektes Ergebnis zu generieren. Und das kann man unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nur noch erreichen,  wenn man auch die eigene Arbeitsweise entsprechend verändert. Der Kunde wird mehr in die Prozesse eingebunden und bekommt die Chance, eigene Ideen stärker einzubringen. Diese engere Zusammenarbeit in der  Webentwicklung müssen viele Unternehmen eben erst noch lernen. Die meisten wollen lieber den ausgetretenen Pfaden folgen. Das ist die Angst vor dem Unbekannten.

Wie läuft das also heute ab, wenn Du eine neue Website bauen willst?
Wir versuchen immer, so schnell wie möglich etwas Laufendes in den Browser zu bekommen. Mit dem alten, linearen Workflow kann ich dabei nicht mehr zielgerichtet arbeiten, also teste ich eben direkt im Browser. Der Nachfolger der statischen Layouts ist der interaktive Prototyp. Ich programmiere also erst mal etwas, das funktioniert aber nicht hübsch aussieht – das haben die statischen Entwürfe früher aber auch nicht getan.

Du arbeitest nun schon mehr als zehn Jahre in der Webentwicklung. Was bereitet den Unternehmen deiner Meinung nach die größten Schwierigkeiten?
Was ich sehr häufig sehe: Viele Unternehmen denken, der Prototyp müsste im ersten Schritt schon stehen und jede Korrektur würde zusätzliches Geld kosten. Das macht ihnen Angst und lässt sie zögern. Was sie nicht wissen: Nur mit ganz, ganz viel Glück steht eine Website mit dem ersten Prototyp. Im Normalfall braucht es einfach zwei, drei Korrekturschleifen. Das ist wie bei einem Crashtest: Man kann nicht das Auto einmal bauen und daraufhin vermuten, es sei sicher. Man muss das Auto mehrmals gegen die Wand fahren, um dann am Ende sagen zu können: Jetzt ist es tatsächlich sicher! So in der Art funktioniert das auch mit dem Websiteprototyp.

Der Kunde will ja aber meist ein Gefühl der andauernden Sicherheit. Wie kann man diese Crashtest-Mentalität am besten vermitteln?
Ich bin fest der Überzeugung, dass die Probleme innerhalb dieses modernen Workflows ganz einfach durch Kommunikation zu lösen sind. Wenn der Kunde Angst vor der eigenen Website bekommt oder das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren, müssen die Experten beratend zur Stelle sein und dabei helfen, diese Barrieren abzubauen. Es ist wichtig, dass der Kunde erkennt: Es gibt kein mobiles und ein normales Internet. Es gibt das Internet – und unendlich viele Möglichkeiten, darauf zuzugreifen. Das hat dann Auswirkungen darauf, wie wir Websites umsetzen und gestalten, weil wir jedem ja letztendlich ein maßgeschneidertes Ergebnis liefern wollen. Der Kunde muss an die Hand genommen werden und ich muss ihm erklären, warum diese oder jene Arbeitsweise heute sinnvoll ist. Das erfordert natürlich ein sehr viel größeres Maß an Vertrauen und Zusammenarbeit. Unterm Strich aber sind Webprojekte heute  sehr viel schneller und hochwertiger zu realisieren.