Drei Beispiele, wie Storytelling funktionieren kann

Storytelling ist nur ein moderner Begriff dafür, wie Menschen seit Jahrhunderten Botschaften weitergeben. Die Lagerfeuerromantik von einst ist inzwischen passé, das Geschichtenerzählen hat an seiner eingängigen Wirkung aber nichts verloren. Im Gegenteil: In Zeiten, in denen unsere Umwelt und Prozesse immer komplexer zu werden scheinen, können Stories für die nötige Orientierung sorgen. Wir stellen drei Beispiele vor, die wir für wirklich besonders halten und zeigen, wie unterschiedlich der Begriff mit Leben gefüllt werden kann.

Hornbach ist der Hammer

Wer an Baumärkte denkt, verbindet damit meist schlecht produzierte Werbung auf kleinen Röhrenfernsehern, übervolle Regale und den trockenen Geruch von Sägespänen. Das Schlimme an diesen Vorurteilen ist, dass sie sich hartnäckig halten und schon Albert Einstein wusste, dass es leichter ist Atome zu zertrümmern als festgefahrene Meinungen. Zum Glück müssen sich Unternehmen und Marken heute nicht mehr mittellos diesen unrühmlichen Klischees fügen. Wenn also früher aus Schwertern Pflugscharen wurden, so werden heute aus alten tschechischen Schützenpanzern Werkzeuge für den enthusiastischen Heimwerker. Und aus dem drögen „Fachmarkt für Heimwerksbedarf“ wird ein hipper Baumarkt, der es nicht nur versteht seine Kunden zu unterhalten, sondern auch die eigenen Botschaften über die Zielgruppe hinaus zu transportieren.

Dazu setzte Hornbach gleichermaßen auf Originalität wie auf Polarisierung: Ende 2012 kaufte das Unternehmen einen alten Panzer, schmolz den Stahl ein und fertigte daraus den „Hornbach Hammer“. Im Laufe des folgenden Jahres wurden in den sozialen Medien, vor allem auf Facebook, immer wieder Hinweise und Teaser gestreut, die die Fangemeinde zum Nachdenken anregten. Die Erzählung gipfelte letztlich im Verkaufsstart des Hammers und einem unterhaltsamen Dokumentarfilm, der die ganze Geschichte erzählte. Binnen fünf Minuten waren alle Hämmer ausverkauft. Anschließend schaffte es Hornbach die Begeisterung und die Kampagne mit weiteren Events und Aktionen weiterzutragen. Die Geschichte des „Hornbach Hammers“ unterstützte das Firmencredo „Es gibt immer was zu tun“, zahlte auf die eigene Marke ein und konnte auch über die bespielten Medien hinaus große Aufmerksamkeit erzielen. Mit einem Hammerschlag war Hornbach „cool“ geworden.

Die Welt fragt, Siemens antwortet

Storytelling muss nicht zwangsläufig auf Marketing setzen. Ja, Storytelling muss nicht einmal in direkter Verbindung zum Unternehmen oder dessen Botschaften stehen. Siemens beweist das mit den Kurzfilmen im Rahmen der „/answers“-Kampagne. Die Idee hinter den mittlerweile mehr als 50 Kurzfilmen ist dabei immer die gleiche: Ein renommierter Dokumentarfilmer, der seinen Namen nie für PR- und Werbebotschaften hergeben würde, erzählt echte Geschichten von echten Menschen. Egal, ob es dabei um Alzheimerforschung in Kolumbien oder gemeinnützige Gärten in der New Yorker Bronx geht. Die Menschen und ihre Geschichten stehen im Vordergrund. Am Ende jedes Films  knüpft ein nüchterner Erklärtext an den Inhalt des Films an und schlägt so die thematische Brücke zum Unternehmen. Understatement pur. Im Uhrwerk des Kommunikationsmix von Siemens sind diese Kurzfilme sicherlich nur ein Rädchen und auch wenn einige Siemensianer gern mehr Markenbezug in den Filmen sehen würden: In den sozialen Medien und bei Filmkritikern kommen die Filme unglaublich gut an. Siemens übt sich mit (der vielfach ausgezeichneten) „/answers“-Kampagne erfolgreich in demütiger Bescheidenheit und zeigt, dass Stories sprichwörtlich auf der Straße liegen.

Der WDR und die Magie am Niederrhein

Für den Menschen als „Augentier“ haben Bilder eine besondere Anziehungskraft. Untersuchungen zum Thema belegen immer wieder, dass visuelle Inhalte mehr, schneller und besser überzeugen als andere Darstellungen. Der Westdeutsche Rundfunk hat sich diese Erkenntnisse offenbar ganz besonders zu Herzen genommen. Der WDR führt uns nach Haldern in die heimelige Welt des „Haldern Pop Festivals“ am Niederrhein. Mit eindrucksvollen Fotos und emotionalen Bewegtbildern kann die Geschichte um das „magische Kleinod unter den Musikfestivals“ die journalistische Aufbereitung um eine pointierte emotionale Ebene bereichern. Damit in Zukunft mehr Menschen die technischen Möglichkeiten dazu haben, ihre Geschichten in dieser Form erzählen zu können, bietet der WDR das Grundgerüst von „Pop auf’m Dorf“ in Form des Content-Management-Systems „Pageflow“ kostenlos zum Download an. „Es bleibt weiterhin spannend, die Online-Kultur des Geschichtenerzählens zu verfolgen, denn Erlebnisse machen die Menschen um ein Vielfaches reicher, als es Geld oder bloße Information jemals vermögen“, schreibt das Grimme-Institut und verlieh der Reportage 2014 einen Grimme Online Award für Story und Umsetzung. Wenn also am nächsten Samstagabend wieder einmal Florian Silbereisen über die Mattscheibe flimmert, erinnern wir uns wehmütig an die tollen Bilder vom Haldern-Festival, bevor wir, die Öffentlich Rechtlichen verfluchend, den Sender wechseln.